Chefarzt-Boni
Schwarz-Gelb nimmt Kliniken an die Kandare
Der Anstieg der Op-Zahlen und die Skandale um Leberspenden haben gewirkt: Die Regierung erhöht den Druck auf die Kliniken - und verlangt Änderungen bei finanziellen Anreizen für Ärzte.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Regierungsfraktionen haben sich in Sachen "Chefarzt-Boni" zusammengerauft. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) soll verpflichtet werden, bis spätestens zum 30. April ihre Beratungs- und Formulierungshilfen für Verträge der Krankenhäuser mit leitenden Ärzten zu überarbeiten.
Zudem sollen die Bonuszahlungen an leitende Ärzte Gegenstand der Qualitätsberichterstattung werden. Das geht aus einer Gesetzesvorlage der Fraktionen von CDU/CSU und FDP hervor, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.
Mit den beiden Paragrafen, die an das Krebsregistergesetz angehängt werden sollen, fährt die Regierung eine Doppelstrategie.
Der neue Paragraf 136a des fünften Sozialgesetzbuches solle die DKG dazu verpflichten, den Kliniken zu empfehlen, zusätzliche finanzielle Anreize nur noch für Leistungen auszuloben, die über alle Zweifel erhaben seien, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der "Ärzte Zeitung".
Gemeint sei damit zum Beispiel, einen Chefarzt dafür besser zu bezahlen, dass er sein Haus frei von multiresistenten Bakterien hält.
"Die Empfehlungen sollen insbesondere die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen sichern", heißt es in der Gesetzesvorlage außerdem. Das soll der vermuteten Mengenausweitung bei Operationen aus rein ökonomischen Gründen das Wasser abgraben.
Kritik von der DKG
Krankenhäuser, und das ist die Eskalationsstufe, sollen in den Qualitätsberichten erklären, dass sie sich an die Empfehlungen der DKG halten, oder nicht.
Sollte die Krankenhausgesellschaft die Empfehlungen bis zum 30. April nicht geliefert haben, sollen alle Krankenhäuser dazu verpflichtet werden, die leistungsbezogenen Zielvereinbarungen zu veröffentlichen.
Gibt es die Empfehlungen, aber ein Krankenhaus hält sich nicht daran, muss es im Qualitätsbericht angeben, für welche Operationen Ärzte Bonuszahlungen erhalten.
"Die Krankenhäuser haben keine Angst vor Transparenz", sagte der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum, der "Ärzte Zeitung". Ihn ärgere aber die Widersprüchlichkeit der Politik.
Zum einen kürze die Politik die Mittel und zwinge sie zu maximal wirtschaftlichem Handeln. Zum anderen bediene sie den Wunsch aus der Ärzteschaft, aus der wirtschaftlichen Mitverantwortung auszusteigen.
"Da wäre es konsequent, den von der Koalition verfügten, aber höchst umstrittenen Einstieg in das leistungsorientierte Vergütungssystem für die Psychiatrie in diesem Gesetzgebungsverfahren gleich mit abzuschaffen", sagte Baum.
Der CDU-Politiker Jens Spahn, verteidigte den Ansatz. "Ein Patient muss sich darauf verlassen können, dass er nicht nur operiert wird, weil der Chefarzt dann mehr Kasse macht", sagte Spahn der "Ärzte Zeitung".
Die Gesetzesinitiative war zwischen Union und FDP bis zuletzt umstritten gewesen. Die FDP zog mit, wollte aber die privatvertraglichen Rechte von Kliniken und Chefärzten gewahrt sehen.
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