Neujahrsempfang der Ärzte
Spahn sagt Danke – und bittet um mehr Tempo
Organspende, TSVG und die Digitalisierung waren die treibenden Themen beim Neujahrsempfang der Ärzteschaft. Gesundheitsminister Jens Spahn stellte klar: Ohne Mitarbeit der Ärzte geht es nicht.
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Lauschende Gäste, interessierter Minister: Volles Haus im KaDeWe beim Neujahrsempfang der Ärzteschaft.
© Stephanie Pilick
Berlin. Versöhnliche Worte beim Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft 2020 von KBV und BÄK, KV und Kammer Berlin: Musste sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Jahr zuvor Buh-Rufe und kritische Kommentare wegen der geplanten Ausweitung der Mindestsprechstunden bei Vertragsärzten anhören, war die Stimmung dieses Mal eher vom Miteinander geprägt.
Die Aufgaben, die in der Versorgung warteten, seien groß, sagte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Ob ärztliche Demografie, die Veränderungen zwischen Stadt und Land, ein medizinischer Fortschritt, der für alle nutzbar, aber auch bezahlbar bleiben müsse oder die Digitalisierung: „Wir sind als ärztliche Gemeinschaft bereit, an guten Lösungen mitzuarbeiten.“
Angesichts von 20 Gesetzen in gut 20 Monaten, die Minister Spahn auf den Weg gebracht hat, sei die Ärzteschaft „gespannt, wie es weitergeht“, ergänzte Reinhardt.
Keine Schadenfreude – im Gegenteil
Ein Thema, an dem niemand an diesem Abend vorbeikam, war die Debatte zur Organspende am Vormittag im Bundestag. Doch die Ärzteschaft zeigte sich gegenüber dem Minister, der für die Widerspruchsregelung eingetreten war, alles andere als schadenfroh.
Spahn habe mit seiner Herangehensweise die Gesundheitspolitik in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, wie niemand zuvor, lobte BÄK-Präsident Reinhardt. „Dazu beglückwünsche ich Sie.“ Und damit war nicht nur das Thema Organspende gemeint.
Laut Reinhardt wäre die Widerspruchsregelung „die bessere Variante gewesen“. Dass man sich nicht zu dieser Option habe durchringen könne, zeige auch, dass wir „in einer Gesellschaft leben, in der das Nehmen oft etwas ausgeprägter ist als das Geben.“
Zwei Mal Danke und eine Bitte
Gesundheitsminister Spahn zeigte sich beim Empfang denn auch so gar nicht geknickt: Er wolle zwei Mal Danke sagen und eine Bitte vortragen. Das erste Dankeschön kam dann auch prompt für die Debatte um die Organspende. „Danke, dass Sie die Debatte begleitet haben.“ Diese sei im Bundestag durchweg von Respekt getragen gewesen.
„Es geht nicht um Sieg oder Niederlage, sondern darum, Menschen in Not zu helfen“, so Spahn weiter. Immerhin sei rund eineinhalb Jahre breit über das Thema Organspende diskutiert worden, auch das sei in seinen Augen ein Erfolg. „Jetzt müssen wir in drei, vier, fünf Jahren schauen, wo wir stehen.“
Dies könne auch bedeuten, dass die Widerspruchsregelung wieder auf den Tisch komme. Es gehe nun darum, sich Gedanken über die hausärztliche Beratung zu machen, die im vom Bundestag beschlossenen Entwurf zur Entscheidungslösung enthalten ist.
Geregelt werden müsse auch der Aufbau des elektronischen Registers, in dem die Spendebereitschaft zentral festgehalten werden soll.
„Ich suche Lösungen für Probleme“
Dankbar zeigte sich der Minister für die Unterstützung bei der Umsetzung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG). So seien etwa die ausgeweiteten Terminservicestellen der KVen wie geplant zum 1. Januar dieses Jahres gestartet.
„Das eine ist die gesetzliche Grundlage, das andere das Umsetzen in den Verhandlungen mit den Kassen“, sagte er in Richtung KBV und KVen.
Bei 20 Gesetzen in 20 Monaten gehe es nicht um die Zahl, „sondern um die Frage: Machen wir einen qualitativen Unterschied?“ „Wenn ich ein Problem sehe, suche ich eine Lösung“, lautete seine Erklärung für die hohe Taktung.
Mit Blick auf die Auseinandersetzungen rund um das TSVG resümierte Spahn an die Ärzte gerichtet: „Bei allem, was manchmal unter Mühen umgesetzt wurde – Danke für das konstruktive Miteinander.“
Tempo bei der Digitalisierung
Spahns Bitte, das war zu erwarten, betrifft die Digitalisierung: Von der elektronischen Patientenakte (ePA) sei die Versorgung noch ein weites Stück entfernt.
„Seit 15 Jahren steht im SGB V eine elektronische Gesundheitskarte mit der Perspektive einer elektronischen Patientenakte“, erinnerte Spahn. Hier müsse man gemeinsam an der Umsetzung arbeiten.
Dabei wisse der Minister durchaus, dass die Akzeptanz nicht allein dadurch steigt, „dass wir Sie alle an die Telematikinfrastruktur (TI) anbinden“. Hier brauche es Anwendungen mit Mehrwert in der Versorgung.
Spahn bat die Ärzteschaft darum, nicht nur bei der TI, sondern auch bei Themen wie Telemedizin und Videosprechstunde eine „konstruktive Geschwindigkeit“ an den Tag zu legen.
Das gilt nach seiner Ansicht auch für die Frage der Datenverwendung für die Forschung. „Lassen Sie uns Abrechnungsdaten – nicht Behandlungsdaten – nutzen, um Forschung zu betreiben.“
Der Minister kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Bundesbürger mit zweierlei Maß messen würden. „Amazon und Apple“ würden die Nutzer „bereitwillig“ ihre Daten anvertrauen, während die anonyme Nutzung von GKV-Abrechnungsdaten zum Datenskandal gemacht werde. (reh)