Corona-Gesetzgebung
Spahn übernimmt auch die Versorgung mit Arzneimitteln
Mit einer weiteren Eilverordnung zieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Versorgung mit „Produkten des medizinischen Bedarfs“ an sich. Blutspende-Regeln sollen ebenfalls gelockert werden.
Veröffentlicht:Berlin. In der Corona-Krise sollen nun auch geltende Spielregeln im Arzneimittelbereich vorübergehend an Gültigkeit verlieren. Das sieht eine weitere Notverordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor. Der Entwurf liegt der „Ärzte Zeitung“ vor. Einmal mehr stützt sich das Ministerium dabei auf die vom Bundestag beschlossenen Änderungen am Infektionsschutzgesetz.
Danach kann das BMG per Rechtsverordnung und ohne Zustimmung der Länder Maßnahmen einleiten, um die Versorgung in der aktuellen Corona-Pandemie zu gewährleisten. Zuletzt hatte das BMG bereits mehrere Eilverordnungen vorgelegt.
Zentrale Verteilung durch den Bund
Mit dem neuerlichen Verordnungsentwurf zieht Spahn die „Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs“ an sich. Dazu zählen laut Entwurf „Arzneimittel, deren Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Labordiagnostika, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung sowie Produkte zur Desinfektion“.
Gesundheits-, Innen- und Verteidigungsministerium sollen die betreffenden Produkte selbst oder durch von ihnen beauftragte Stellen „beschaffen, lagern, herstellen und in den Verkehr bringen“ dürfen. Auf diese Weise solle eine „zentrale Verteilung und damit bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung“ sichergestellt werden, heißt es zur Begründung.
Beschleunigte Zulassung im Kampf gegen SARS-CoV-2
Die Eilverordnung zielt aber auch auf die Zulassungsregeln von Arzneimitteln und persönlicher Schutzausrüstung ab. Auch hier soll es Ausnahmen von der Regel geben, um – wie es im Verordnungsentwurf heißt – einen „schnellen Zugang“ zu entsprechenden Produkten sicherzustellen.
So sollen etwa im Arzneimittelrecht Abweichungen möglich sein, wenn dies der „zügigen“ Entwicklung und Zulassung neuer Arzneimittel zur Vorbeugung und Behandlung von COVID-19 dienlich ist. Die Abgabe sämtlicher Arzneien an den Endverbraucher soll weiter in der Verantwortung von Ärzten oder Apothekern liegen.
Um den hohen Bedarf an Schutzmasken und Schutzkleidung in der Corona-Pandemie abdecken zu können, sollen entsprechende Produkte, die in den USA, Japan und Kanada sowie in Australien hergestellt werden, automatisch auch für den deutschen Markt zugelassen sein.
Dies wird laut Entwurf als unbedenklich erachtet, da die genannten Länder über „eine vergleichbare Qualitätsinfrastruktur wie die EU-Staaten“ verfügten und entsprechende Sicherheitsnormen erfüllt seien.
Lockerung des Transfusionsgesetzes
Pandemiebedingte Abweichungen soll es auch bei den Blutspende-Regeln geben. So soll das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) laut Entwurf „ermächtigt“ werden, im Einvernehmen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) und mit Zustimmung des BMG „Eignungs-, Tauglichkeits- und Rückstellungskriterien für Vollblut, Blutbestandteile und Plasma spendende Personen“ abweichend vom Transfusionsgesetz festlegen und auf seiner Internetseite bekanntmachen.
Unter anderem soll der Kreis der Blutspender auf ein Alter von 17 bis 70 Jahre erweitert werden. Personen nach einer Erkrankung mit grippeähnlichen Symptomen, einschließlich einer Influenzaerkrankung, sollen ebenfalls Blut spenden dürfen – sofern entsprechende Grippesymptome bei ihnen seit 14 Tagen verschwunden sind.
PEI und RKI können – mit Zustimmung des BMG – weitere abweichende Vorgaben treffen, sofern „dies nach dem Stand der epidemischen Lage zur Sicherstellung der Bevölkerung mit Blut, Blutbestandteilen und Blutprodukten erforderlich ist“.
Inhalte der Verordnung sollen spätestens bis 31. März 2021 gelten. Sie tritt am Tag der Verkündung in Kraft.