Nordrhein-Westfalen
Stärkeren Einfluss durch Pflegekammer erhofft
In Nordrhein-Westfalen soll schnell eine Pflegekammer her. Gesundheitsminister Laumann hofft, dass das entsprechende Gesetz schon 2020 in Kraft tritt.
Veröffentlicht:KÖLN. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) drückt bei der Einrichtung einer Pflegekammer im bevölkerungsreichsten Bundesland aufs Tempo.
„Mein Ziel ist es, dass der entsprechende Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause im Landtag eingebracht wird“, sagte Laumann.
Das Gesetz soll noch im Laufe des Jahres 2020 in Kraft treten. Das Land stellt für den Aufbau der Kammer fünf Millionen Euro zur Verfügung.
In einer repräsentativen Befragung von 1503 Pflegefachkräften zu einer Interessenvertretung für die Pflege in NRW hatten sich im Oktober und November vergangenen Jahres 79 Prozent für die Gründung einer Pflegekammer für die knapp 200.000 Pflegefachkräfte ausgesprochen.
Von ihnen waren 59 Prozent ausschließlich für die Pflegekammer als Interessenvertretung, 20 Prozent sahen sowohl die Kammer als auch einen Pflegering nach bayerischem Vorbild als sinnvolle Möglichkeit. Insgesamt wünschten sich 86 Prozent eine Interessenvertretung der Pflegenden, nur acht Prozent hatten kein Interesse. Sechs Prozent waren unentschlossen.
Fünf Euro pro Monat angemessen
Am größten war die Zustimmung zur Gründung einer Pflegekammer bei Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern und -pflegerinnen mit 92 Prozent, gefolgt von Pflegefachkräften in Krankenhäusern (85 Prozent). Am geringsten war der Zuspruch unter den Vertretern der obersten Leitungsebene mit 75 Prozent.
Als wichtigste Argumente für die Kammer sahen die Befragten, dass die Pflege durch den Zusammenschluss aller Pflegekräfte und die Pflichtmitgliedschaft an Stärke und Einfluss gewinnen würde (83 beziehungsweise 82 Prozent).
74 Prozent hielten einen Mitgliedsbeitrag von rund fünf Euro im Monat für angemessen, weil eine finanziell unabhängige Kammer die Interessen der Pflegefachkräfte besser durchsetzen könnte.
Bei denen, die sich gegen die Gründung einer Pflegekammer ausgesprochen haben, spielten die Pflichtmitgliedschaft (31 Prozent) und der Pflichtbeitrag (30 Prozent) die wesentliche Rolle für die Ablehnung. 25 Prozent gehen davon aus, dass die Kammer zu wenig Einfluss haben würde und nichts zur Verbesserung der derzeitigen Situation beitragen könnte.
Laumann: Eindeutiges Zeichen an die Politik
Minister Laumann war sehr erfreut darüber, dass die große Mehrheit der Pflegefachkräfte die Gründung einer Pflegekammer befürwortet.
Das sei auch ein eindeutiges Zeichen an die Politik, die Entscheidung nun möglichst schnell umzusetzen. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die Pflege zu einem selbstbewussten und emanzipierten Berufsstand zu machen“, sagte er.
Als wichtige Aufgaben der Kammer sieht er die Vertretung der Pflege in Politik und Gesellschaft, die Beratung von Verwaltung und öffentlichen Stellen, die Benennung von Sachverständigen, die Beratung in berufsfachlichen Fragen, die Qualitätssicherung, die Regelung der Berufsausübung über eine Berufsordnung sowie die Zuständigkeit für Fort- und Weiterbildungen.
Laumann: „Mein Ziel ist, dass alles, was die Pflege besser eigenständig lösen kann, auch in die Pflegekammer übertragen werden sollte.“
Gewerkschaften skeptisch
Der Vorsitzende des Pflegerates NRW, Ludger Risse, sprach von einem „geschichtsträchtigen Votum“. „Ich bin richtig überwältigt und freue mich riesig über den Erfolg unserer zwanzig Jahre währenden politischen Überzeugungsarbeit“, sagte er.
Auch Martin Dichter, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Nordwest, begrüßte den Ausgang der Befragung. „Das ist ein großartiges Ergebnis, das den Pflegeberuf in Nordrhein-Westfalen stärken und zu seiner Weiterentwicklung wesentlich beitragen wird.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund NRW kritisierte dagegen, dass nur 1500 Pflegefachkräfte statt alle 200.000 befragt worden waren.
„Die Entscheidung über eine Pflegekammer ist zu wichtig, um sie einigen wenigen zu überlassen“, bemängelte die stellvertretende Vorsitzende Dr. Sabine Graf.
Die Gewerkschaften sehen eine Pflegekammer skeptisch. Entscheidend für eine gute Pflege seien politische Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene, sagte Graf.