Kommentar – Viele offene Fragen
Steiniger Weg zum neuen Arzt-Infosystem
Wie sähe ein ideales Arzt-Infosystem aus? Darüber herrscht derzeit nur eines: Unklarheit. Ein simples Ampelsystem vereinfacht zu sehr, detaillierte Erklärungen sind zu komplex. Was tun?
Veröffentlicht:Die 2011 eingeführte frühe Nutzenbewertung hat dazu geführt, dass seit fünf Jahren deutlich mehr strukturierte Informationen über neu zugelassene Wirkstoffe vorliegen als jemals zuvor.
Doch tatsächlich entfalten diese Informationen eine Wirkung nur auf der Systemebene: in der Nutzung durch den GKV-Spitzenverband für die Verhandlungen über einen Erstattungsbetrag.
Das zweite Ziel des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG), mit diesen Informationen auch die Voraussetzungen für eine neue Qualität ärztlicher Therapieentscheidungen zu schaffen, wurde bislang kaum erreicht.
Weder die Gutachten des IQWiG zu den Hersteller-Dossiers noch die Beschlusstexte des Bundesausschusses samt der tragenden Gründe finden bei Ärzten eine hinlängliche Akzeptanz. Schlimmer noch: Manche Ärzte scheinen bis heute nicht zu wissen, wo man auf der Website des GBA die Nutzenbewertungsbeschlüsse findet.
Gesetzgeber will Nutzung verbessern
Der Gesetzgeber zieht daraus die Konsequenz und beauftragt den GBA damit, Ärzten in maschinenlesbarer Form zumindest die Essenz der Nutzenbewertungsbeschlüsse bekannt zu machen und sie so aufzubereiten, dass sie aktuell auch in der Praxis-EDV verfügbar werden.
Dieser Plan ist weitaus ambitionierter, als er zunächst aussieht. Die KBV moniert zwei Punkte: erstens mögliche neue Kosten, die Softwareanbieter den Ärzten in Rechnung stellen, für die Einrichtung und ständige Aktualisierung dieses neuen Informationsinstruments; zweitens die geplanten Hinweise zur Wirtschaftlichkeit, insbesondere für Subgruppen von Patienten, für die der GBA keinen Zusatznutzen anerkannt hat.
Das könnte von den Kassen als Einfallstor für Regresse wegen Verstoßes gegen die Arzneimittelrichtlinien genutzt werden.
Wie sieht die Arztaufbereitung der Nutzenbewertung aus?
Völlig offen ist im Moment, wie der GBA die Arztinformationen zur Nutzenbewertung ausgestalten soll, kann und darf.
Die Vorstellungen reichen von knappen tabellarischen, möglicherweise farblich (Ampel!) unterlegten Kerninformationen bis hin zu weit über die Ergebnisse der Nutzenbewertung hinausreichende ergänzenden Informationen beispielsweise über Leitlinien der Fachgesellschaften.
Das würde die Information reichhaltiger und differenzierter machen, die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit allerdings einschränken.
Und die Frage ist, ob der Bundesausschuss als parastaatliche Institution überhaupt dazu berechtigt ist, weil er damit unzulässig in den Wettbewerb eingreifen könnte. Denn auf Wissenschaftsfreiheit, wie sie für Fachgesellschaften gilt, kann sich der GBA nicht berufen.
Man sieht: Der Weg zu diesem "amtlichen" Arzt-Infosystem wird steinig – und am Ende sind die Hoffnungen darauf wohl überzogen.