Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken

Kampf um Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Arzt und Apotheker

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Apothekern ärztliche Aufgaben übertragen. Vorher muss er aber noch die Auseinandersetzung um die Rabatte des Versandhandels befrieden.

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Der parlamentarische Beratungsprozess für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken liegt derzeit auf Eis.

Der parlamentarische Beratungsprozess für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken liegt derzeit auf Eis.

© ABDA/ABDA Bundesvgg. Dt. Apothekerverbände/obs

Berlin. Gegen Grippe impfen, Medikationsanalyse, Medikationsmanagement und das Erfassen von Gesundheitsparametern wie Blutdruck, Blutzucker, Cholesterinwerten könnten Aufgaben auch der Apotheker werden.

Eröffnet werden sollen diese Möglichkeiten mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. Damit will Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesetzlich und privat Versicherten einen Anspruch auf „pharmazeutische Dienstleistungen“ geben, der über die bestehenden Ansprüche auf Information hinausgeht. Rund 200 Millionen Euro zusätzlich im Jahr sollen gesetzliche und private Versicherung dafür aufbringen müssen.

Politischen Differenzen mit der EU

Derzeit liegt der parlamentarische Beratungsprozess dazu auf Eis. Zuvor müssen die politischen Differenzen mit der EU darüber ausgeräumt werden, ob Versandapotheken aus dem europäischen Ausland den Apotheken vor Ort mit Rabatten Konkurrenz machen dürfen. Dazu sei man in einem guten Austausch mit der EU-Kommission, hat das Gesundheitsministerium der „Ärzte Zeitung“ mitgeteilt. Medienberichten zufolge soll sich Spahn in dieser Woche mit dem Binnenmarktkommissar Thierry Breton kurzschließen.

Die Genese des Entwurfs reicht zurück in das Jahr 2019. Im ersten Entwurf des Gesetzes war noch wörtlich von der Erhebung von „Gesundheitsparametern“ die Rede gewesen. Im Regierungsentwurf ebenfalls noch aus 2019 fehlt diese Begrifflichkeit. Hier wird insbesondere die Arzneimitteltherapiesicherheit adressiert, vor allem bei chronischen Erkrankungen und Multimorbidität.

Aus Sicht der Kassen ist im Zuge der Einführung von „pharmazeutischen Dienstleistungen“ und ihrer Vergütung eine Neuordnung der Rollen und Aufgabenverteilung zwischen Arzt und Apotheker entscheidend.

Keine Doppelvergütung

„Eine Doppelvergütung muss vermieden werden“, heißt es in einem gemeinsamen Papier der BKKen und der IKKen, die in der Kooperationsgemeinschaft unternehmensnaher Krankenkassen (kuk) verbandelt sind. „Was wir nicht wollen, ist ein bloßes Add-on, und dass von Effizienzreserven in der Arzneimittelversorgung nicht mehr die Rede ist“, sagte BKK-Dachverbandsvorstand Franz Knieps der „Ärzte Zeitung“. Diese Reserven hat ein Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums 2017 bei gut 1,2 Milliarden Euro angesetzt, die den Apotheken zuviel bezahlt würden.

Auf den Wettbewerb über die neuen Dienstleistungen wollen die Kassen deshalb ein Auge haben. „Wir glauben, dass man die Kompetenz der Apotheker stärker nutzen und gleichzeitig Vergütung umschichten kann in diejenigen Apotheken, die die neuen Leistungen auch tatsächlich erbringen können“, sagte der Geschäftsführer des IKK e. V., Jürgen Hohnl.

Dokumentierte Leistungsnachweise

Zudem fordern die Kassenvertreter dokumentierte Leistungsnachweise, Kriterien, wie oft eine Leistung je Patient erstattet werden muss, eine Definition, was eine pharmazeutische Dienstleistung auslöst und ein Sprechzimmer, in der die Leistung geschützt vor Blicken anderer Kunden erbracht werden kann.

Ein „losgelöstes Einzelkämpfertum“ einzelner Apotheker wollen die kuk-Vertreter nicht. Notwendig sei eine „strukturierte Kooperation“ mit den Ärzten. Für Apotheker, die impften oder Medikation regelten, müssten klare Übergabepunkte Richtung Arzt definiert werden, sagte Knieps.

Die KBV hat in ihrer Stellungnahme zu den Gesetzesplänen von Apothekern zu erbringende arztersetzende Leistungen abgelehnt. (af)

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