Hessen
Terminservicestellen regen Ärzte auf
Praxisaufkauf und die Terminservicestellen erzürnen auch die Ärzte in Hessen. Um Verständnis für das Gesetz warb Landesgesundheitsminister Stefan Grüttner im Rahmen einer KV-Veranstaltung - mit eher mäßigem Erfolg.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Angriff auf die Freiberuflichkeit, fehlende Eigenverantwortung der Patienten und ein Gesetzgeber, der der Selbstverwaltung nicht mehr länger tatenlos zusehen will: Bei einer Diskussionsveranstaltung der KV Hessen zum Versorgungsstärkungsgesetz prallten zwei Welten aufeinander - die der niedergelassenen Ärzte mit ihrem Ärger über Terminservicestellen und Praxisaufkäufe, und die eines Gesundheitspolitikers, der vor allem die medizinische Versorgung sicherstellen will.
Auf Einladung der KV versuchte Hessens Sozialminister Stefan Grüttner (CDU), den aufgebrachten hessischen Ärzten die Intention des Bundes-Gesetzgebers zu erklären.
"Es ist ein Stück unserer Erfahrung, dass Kassen, aber auch die ärztliche Selbstverwaltung ihre Verantwortung nicht immer übernehmen", sagte Grüttner in Frankfurt. "Der Gesetzgeber schaut schon darauf, was von der Selbstverwaltung nicht in Angriff genommen wurde."
Die Kritik an den Terminservicestellen kann er daher nicht nachvollziehen: "Wenn die Terminvergabe beim Facharzt kein Problem ist, dann wird die Servicestelle auch nicht viel zu tun haben", so der Minister.
Angriff auf Freiberuflichkeit
Beim zweiten großen Kritikpunkt, den Aufkaufregeln für Praxen in überversorgten Gebieten, sei der Gesetzgeber einem Rat der Wissenschaftler des Sachverständigenrates zur Begutachtung des Gesundheitswesens gefolgt. Eine deutliche Zustimmung oder Ablehnung zu diesem Teil des Gesetzes wollte Grüttner vor den Ärzten in Hessen nicht abgeben.
Für KV-Chef Dastych stellt sich die Lage naturgemäß anders dar: Er sieht in dem Gesetz den massiven Eingriff in die Versorgung und den Angriff auf die Freiberuflichkeit.
Dies sei nicht gerade als Werbung für den Arztberuf zu verstehen: "Wir befürchten, dass das Gesetz junge Leute davon abhält, sich niederzulassen."
Aus seiner Sicht gebe es im Gesundheitssystem viele bürokratische "Folterinstrumente" für Ärzte - "doch wo sind die Sanktionen für Patienten?" fragte Dastych. Aus seiner Sicht müssten die Patienten viel mehr Eigenverantwortung übernehmen.
Auch viele Ärzte im Publikum kritisierten die Terminservicestellen: "Dann gehen Patienten künftig am Hausarzt vorbei in die Facharztpraxen", gab einer zu bedenken. Dass die Versorgung künftig in Kliniken stattfinden soll, bezeichneten viele als "hoffentlich nicht ernst gemeint".
Mehr Verständnis für das Versorgungsstärkungsgesetz zeigte Dr. Michael Karner von der AOK Hessen.
Er könne die Motivation der Politiker für das Gesetz nachvollziehen, er sehe eine "gewisse Ungeduld bei der Politik", nun immer mehr ureigene Themen der Selbstverwaltung zentral zu regeln.
"Wir müssen wieder dazu kommen, die Probleme im Rahmen der Selbstverwaltung zu thematisieren und selbst zu organisieren", appellierte Karner auch an die hessische Ärzteschaft. (bee)