Ärztemangel
Thüringen gibt vorsichtig Entwarnung
Vor fünf Jahren wurde in Thüringen die "Stiftung zur Förderung der ambulanten Versorgung" gegründet. Inzwischen wurden 100 junge Ärzte gefördert - die Chancen stehen gut, dass sie künftig im Land arbeiten.
Veröffentlicht:ERFURT. Thüringen fährt die erste Ernte ein: Fünf Jahre nach ihrer Gründung hat sich die "Stiftung zur Förderung der ambulanten Versorgung" als Dreh- und Angelpunkt gegen den Ärztemangel etabliert.
Angefangen hat es mit einem Stipendium für Ärzte in Weiterbildung - inzwischen haben sich die ersten niedergelassen und stopfen die Lücken vor allem im ländlichen Raum. KV-Chefin Annette Rommel traut sich sogar, erstmals von leichter Entwarnung zu sprechen.
Zur Geburtstagsfeier der Stiftung, die gemeinsam von der KV und dem Land Thüringen gegründet wurde, erinnerte die Vorsitzende der KBV, Regina Feldmann, wie sie - damals noch KV-Chefin in Thüringen - hart mit dem Land ringen musste. Zehn Stipendien konnte sie der damaligen Sozialministerin Christine Lieberknecht (CDU) abtrotzen - heute sind es mehr als 100.
"Zum einen redete vor fünf Jahren noch fast niemand vom Ärztemangel. Praktisch alle in Politik und Gesellschaft vertraten die Meinung, Ärzte werde es genug geben", so Feldmann. Doch nur weil man mit der Förderung so früh angefangen habe, könne die KV heute freie Arztsitze mit den ersten Stipendiaten besetzen.
Inzwischen hat sich das Instrumentarium erheblich erweitert. Die Philosophie dahinter: Die Medizinstudenten so früh wie möglich für die Niederlassung begeistern. KV-Chefin Annette Rommel spricht von einem "Komplettpaket mit Fördermöglichkeiten vom Studium bis zum Berufseinstieg und zur Niederlassung".
Angefangen bei einem Zuschuss für die Famulatur in einer Hausarztpraxis, beim ambulanten Segment des Praktischen Jahres bis zur Hilfe beim Berufseinstieg. Einzige Bedingung für das Stipendium, das bis zu 60 Monate lang monatlich 250 Euro umfasst: Der Arzt muss vier Jahre in der ambulanten Versorgung in Thüringen arbeiten. Haus- und Augenärzte werden gefördert.
Rund 1,2 Millionen Euro hat die Stiftung dafür in die Hand genommen. Seit Juli reicht sie außerdem einen rückzahlungsfreien Zuschuss über 20.000 Euro für neue Niederlassungen in kleinen Gemeinden aus.
Fragt man heute Gesundheitsministerin Heike Taubert (SPD), was sie gegen den Ärztemangel unternimmt, fällt ihr fast immer die Stiftung ein. Thüringen biete viele Anreize. Und man dürfe nicht vergessen, dass sich die Honorare positiv entwickelt haben: "Wichtig ist auch, dass niedergelassene Hausärzte in Thüringen mittlerweile einen Verdienst erwirtschaften können, der deutschlandweit an der Spitze steht."
Doch Geld ist nicht alles - weiß man bei der Stiftung. In Zukunft soll ein anderes Werkzeug häufiger als bisher zum Einsatz kommen: die sogenannte Eigeneinrichtung.
In dieser "Fahrschulpraxis" sind niederlassungs-unsichere Ärzte bei der Stiftung angestellt - und können die Praxis übernehmen, wenn sie bereit dazu sind. Bereits im Oktober soll in Gera eine Eigeneinrichtung dazu kommen, im nächsten Jahr zwei weitere in Waltershausen und Gotha.
Für KBV-Vize Feldmann ist Thüringen ein Zukunftslabor. Den Erfolg der Stiftung wolle sie bundesweit kopieren. Vor wenigen Wochen schlug die KBV deshalb vor, eine Stiftung für die Weiterbildung junger Ärzte zu schaffen. Das Thüringer Modell diene als Vorlage, so Feldmann.
In Thüringen hört man das gern. Rommel weiß aber auch, dass sich Ärzte nicht herbeizaubern lassen: "So ein Modell löst nicht Knall auf Fall alle Probleme. Es leistet aber seinen Beitrag."
Etwa 60 Hausarztsitze sind derzeit in Thüringen unbesetzt, viele weitere Niedergelassene würden gern in den Ruhestand gehen, finden aber keinen Nachfolger. Selbst in Großstädten wie Gera und Erfurt. Dank der Stiftung stehen nun rund 100 junge Ärzte in den Startlöchern.
Mehr zur Stiftung: www.savth.de