Pflegebegutachtung
Tolle Noten wecken Skepsis
Erstmals hat der MDK bei den Versicherten die Qualität seiner Pflegebegutachtungen abgefragt. Das Ergebnis ist phänomenal gut - und weckt bei zahlreichen Experten Skepsis.
Veröffentlicht:BERLIN. Nur fünf Prozent der potenziell pflegebdürftigen Menschen oder ihre Angehörigen sind mit den Pflegebegutachtungen durch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen MDS unzufrieden. Das geht aus der ersten Versichertenbefragung hervor, die die Medizinischen Dienste in Auftrag gegeben haben und deren vorläufige Ergebnisse der "Ärzte Zeitung" vorliegen.
86 Prozent sind demnach mit der pflegerischen Begutachtung zufrieden, neun Prozent immerhin teilweise zufrieden. Im Detail werden diese Werte laut der vorgelegten Unterlagen der Firma M+M Management+Marketing GmbH aus Kassel bestätigt: So sind durchschnittlich 87 Prozent der Befragten mit den Informationen des MDK über die Pflegebegutachtung zufrieden. Das gilt auch für die Erreichbarkeit des MDK bei Rückfragen.
Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft haben sogar 91 Prozent gut bewertet. Jenseits der 90 Prozent lag jeweils auch die Zufriedenheit mit der der Vorstellung der Gutachter und ihre Termintreue. Die Gutachter wurden von um die 90 Prozent der Befragten als respektvoll, einfühlsam und kompetent empfunden.
Die Ergebnisse werden allerdings unterschiedlich eingeschätzt. "Sie widerlegen so manche Kritik an der Pflegebegutachtung durch den MDK", sagte Volker Hansen, Verwaltungsratsvorsitzender des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbands (MDS).
Skepsis weckten die Werte beim Präsidenten des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus. Die MDK hätten sicherlich viele kompetente Mitarbeiter im Einsatz. Zweifel an einem solch guten Ergebnis sei aber am Platze, wenn jemand ein Gutachten über sich selbst in Auftrag gegeben habe.
In die gleiche Kerbe hieb der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. "Schließlich hat der Gesetzgeber blauäugig das gesamte Befragungsverfahren in die Hände des Kostenträgers gelegt. So hat man den Bock zum Gärtner gemacht", sagte Brysch der "Ärzte Zeitung".
1400 Gutachter bundesweit unterwegs
Gefragt worden waren fast 6000 Versicherte und ihre Angehörigen nicht nach danach, wie einverstanden sie mit dem Ergebnis der Begutachtung sind, sondern lediglich nach einer Einschätzung des Begutachtungsprozesses. Verschickt worden waren gut 16.000 Fragebögen, die Rücklaufquote betrug rund 35 Prozent.
Die Fragebögen ausgefüllt haben in gut 30 Prozent der Fälle der potenziell Pflegebedürftige selbst, in 59 Prozent die Angehörigen oder die private Pflegeperson und in 5,6 Prozent die gesetzlichen Betreuer.
Die gesetzliche Vorgabe verpflichtet die MDK dazu, künftig an 2,5 Prozent der Versicherten, die Pflegeleistungen beantragen solche Fragebögen zu verschicken. 2014 werden dies nach Angaben des MDS rund 34.000 Bögen sein. Bewerten konnten die Befragten zum Beispiel den Ablauf des Verfahrens, das persönliche Auftreten des Gutachters und seine Beratungsfähigkeiten.
Trotz der hohen Zustimmung zum Verfahren hat der MDK drei Handlungsfelder für Verbesserungen identifiziert:
- Den Wunsch nach einem stärkeren Eingehen auf die individuelle Situation des Versicherten.
- Den Wunsch nach mehr Zeit für die Begutachtung.
- Den Wunsch nach mehr Beratung und Hinweisen zur Verbesserung der Pflegesituation.
Die künftig regelmäßig angesetzten Befragungen sind Folge eines gesetzlichen Auftrages an die Dienste aus dem Pflegeneuordnungsgesetz aus dem Jahr 2012. Dazu gehörte auch, Anträge auf Begutachtung innerhalb von vier Wochen vorzunehmen, damit der Bescheid der Kasse binnen fünf Wochen ergehen kann.
Hansen berichtete, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit seither von 25,5 Tagen auf 15,2 Tagen gedrückt wurde. "Manchmal braucht man einen, der einen auf den Weg bringt", räumte Hansen ein. Die Fristen würden inzwischen zu rund 99 Prozent eingehalten.
2013 haben die MDK 1.431 Millionen Begutachtungen gezählt. In den vergangenen Jahren wurden 250 zusätzliche Gutachter eingestellt, so dass nun 1400 Gutachter unterwegs seien, berichteten Vertreter des MDS.