Ungeduldige Fachverbände
Warten auf die Nationale Diabetes-Strategie
Im Kampf gegen Diabetes hinkt Deutschland hinterher, mahnen Diabetes-Fachverbände. Sie fordern die Bundesregierung auf, endlich die Nationale Diabetes-Strategie anzupacken.
Veröffentlicht:BERLIN. Fachverbände haben die rasche Umsetzung der Nationalen Diabetes Strategie (NDS) angemahnt.
In ihrem Koalitionsvertrag hätten Union und SPD vor knapp zwei Jahren einen entsprechenden Rahmenplan angekündigt, sagte die Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Professor Monika Kellerer, am Mittwoch.
Seither seien etwa eine Million Menschen neu an Diabetes erkrankt. „Aber die NDS ist immer noch nicht verabschiedet, geschweige denn umgesetzt worden.“
„Passiert ist nichts“
„Bald ist Halbzeit der Legislatur, in Sachen Diabetes-Strategie ist aber nichts passiert“, kritisierte auch Dr. Jens Kröger, Vorstandschef von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.
Deutschland hinke hinterher. Zahlreiche EU-Länder hätten bereits eine Diabetes-Strategie oder aber einen Aktionsplan aufgelegt.
In Deutschland sind derzeit über sieben Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Laut Prognosen des Deutschen Diabetes Zentrums und des Robert Koch-Instituts könnte die Zahl bis zum Jahr 2040 auf mehr als zwölf Millionen hochschnellen.
Die DDG hatte bereits im April gemeinsam mit weiteren Verbänden Kernpunkte eines Rahmenplans zu Diabetes vorgelegt und darin Vorgaben für mehr Prävention, eine bessere Versorgung und ein einheitliches Monitoring gefordert.
Die Umsetzung der Diabetes-Strategie stand vor der Sommerpause auch auf der Tagesordnung des Bundestages. Wegen Differenzen in der Koalition war der Beschluss aber vertagt worden.
„In den Endzügen“
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dr. Sabine Dittmar, sagte am Mittwoch, die beteiligten Fachpolitiker in der Koalition lägen „in den Endzügen“, was die Vorlage einer Diabetes-Strategie anbetreffe. „Ich gehe davon aus, dass wir hoffentlich noch in dieser Woche zu einem guten Ergebnis kommen.“ Danach könne das Vorhaben vom Parlament beraten werden.
In der Diabetes-Prävention seien zwingend auch Ernährungsfragen zu klären, sagte Dittmar. „Andernfalls bearbeiten wir weiter vor allem die Symptome und weniger die Ursachen.“
Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), betonte, eine Diabetes-Strategie müsse neben einer höheren Besteuerung zuckerhaltiger Produkte auch die Einführung einer Nährwertampel auf Lebensmittelverpackungen umfassen. Hierfür biete sich der Nutri-Score an, da er wissenschaftlich fundiert und praktikabel sei.
Es bleibe daher „unverständlich“, warum Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hier nicht entschlossener voranschreite. In einer Umfrage ärztlicher Berufsverbände, medizinischer Fachgesellschaften und der Verbraucherorganisation foodwatch hatte eine Mehrheit der Deutschen kürzlich den Nutri-Score als auffallend und gut verständlich bezeichnet.
Bedarf an fachspezifischer Versorgung steigt
DDG-Präsidentin Kellerer betonte, mit der steigenden Zahl von Diabetespatienten wachse auch der Bedarf an fachspezifischer Versorgung. Der sei aber kaum noch gedeckt. So habe sich etwa die Zahl der Klinikbetten mit Schwerpunkt „Endokrinologie und Diabetologie“ in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast halbiert.
Zudem gebe es nur acht klinische Lehrstühle für Diabetologie. Das sei ein „unhaltbarer Zustand“, da der benötigte ärztliche Nachwuchs nicht nachkomme.
Kellerer appellierte an die Länder, stärker auf die Hochschulen einzuwirken. Über gezielte Fördersysteme ließe sich hier Druck aufbauen.
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 11.09.2019 um 16:03 Uhr.
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