Terminservice

Viele Patienten erscheinen nie in der Praxis

Am 25. Januar 2016 gingen die Terminservicestellen der 17 KVen an den Start. Heute zeigt sich: Man war für mehr Anrufer gewappnet – und muss jetzt an einigen Stellen nachjustieren.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Statt – wie hier – zehn Mitarbeiter zum Start sitzen in der Terminservicestelle der KV Hessen heute nur noch sechseinhalb Mitarbeiter: Viele KVen haben aufgrund der geringen Nachfrage nachgesteuert.

Statt – wie hier – zehn Mitarbeiter zum Start sitzen in der Terminservicestelle der KV Hessen heute nur noch sechseinhalb Mitarbeiter: Viele KVen haben aufgrund der geringen Nachfrage nachgesteuert.

© KV Hessen

NEU-ISENBURG. Genau ein Jahr nach dem Start der Terminservicestellen ist das Fazit der KVen ernüchternd: Etwa 110.000 Termine wurden bundesweit vermittelt – bei 580 Millionen ambulanten Behandlungsfällen. Viele KVen haben bereits nachgesteuert und die Personalressourcen nach unten korrigiert: So wurde im Saarland etwa eine halbe Stelle abgebaut, die KV Hessen hat von zehn auf sechseinhalb Stellen reduziert, wie eine aktuelle Umfrage der "Ärzte Zeitung" unter allen 17 KVen zeigt. "Das Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen könnte nicht negativer sein", so die Bilanz von Hessens KV-Chef Frank Dastych.

Lesen Sie auch: Terminservice: Das sind die Erfahrungen der einzelnen KVen – eine Übersicht"

Darüber hinaus zeigt die Umfrage ein weiteres Problem, das nach der Vermittlung in den Facharztpraxen entsteht: Denn ein nicht unbedeutender Teil der Patienten nimmt den vermittelten Termin letztlich gar nicht wahr. Der Großteil der KVen schätzt den Anteil jener, die den Termin absagen, auf etwa 10 bis 20 Prozent. Einige KVen sprechen von einer Dunkelziffer nicht wahrgenommener und nicht abgesagter Termine. Lediglich in Hessen (3,5 Prozent) und Westfalen-Lippe (2 Prozent) sowie Thüringen (6 Prozent) liegt der Anteil wesentlich niedriger.

Zentrale Ergebnisse

Nachgefragte Fachgruppen: Neurologen, Rheumatologen, Gastroenterologen und Radiologen wurden in der Umfrage am häufigsten genannt.

Termine: Bundesweit meldeten Ärzte ausreichend Termine, in Einzelfällen habe man nachtelefonieren müssen. Lediglich in Bremen mussten zehn Fälle in die Klinik vermittelt werden.

Kosten: Die budgetierten Kosten variieren stark – von 88.000 Euro (Bremen) bis zu einer Million Euro (Hessen).

Zur Erinnerung: Die Terminservicestellen – eine Vorgabe aus dem Versorgungsstärkungsgesetz – garantieren zwar einen Facharzttermin binnen vier Wochen, nicht jedoch den Termin beim Wunscharzt.

Vielen Patienten ist diese Regelung jedoch unklar. So liegt die Zahl der tatsächlich berechtigten Anrufer mit als dringlich gekennzeichnetem Überweisungsschein in allen KVen weit unter der Gesamtzahl der Anrufer. Viele Patienten, die anrufen, hätten "eine falsche Erwartung und falsche Vorstellungen", sagt Stefanie Wagner, die in Hessen Termine vermittelt. Sie wollten zum Beispiel am Wunschtag zum Wunscharzt.

Nur eine einzige KV, zeigt die Umfrage der "Ärzte Zeitung", hat hier eine Gegenstrategie implementiert: In Brandenburg läuft im Vorfeld des Gesprächs eine Bandansage, die über die Bedingungen aufklärt.

Nach Ansicht der Ärzte haben sich die Servicestellen nicht bewährt und gehören wieder abgeschafft.

Laut KBV-Chef Dr. Andreas Gassen müsste man für Fälle wie diese überlegen, ob man ein Gesetz auch auf Zeit machen könnte, wie dies in den USA nicht unüblich sei.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sowie die Krankenkassen hingegen halten die Vermittlung weiter für notwendig. Die Servicestellen hätten sich "insgesamt bewährt", findet die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. "Wenn Woche für Woche mehr als zweitausend Menschen über eine Terminservicestelle einen Facharzttermin bekommen, weil es anders nicht geklappt hat, dann hat sich deren Notwendigkeit bestätigt."

"Gut, dass es die Terminservicestellen gibt", findet auch Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz: "Jeder schnell vermittelte Facharzttermin ist eine große Hilfe für den Patienten." Wie auch die Krankenkassen ist auch der Patientenschützer der Meinung, dass die KVen eine Mitschuld tragen, dass das Angebot so schlecht angenommen wird: "Service sieht anders aus." Gröhe sieht im Terminservice eine "Stärkung der Patientenrechte". Es bleibe die Aufgabe aller Beteiligten, dafür zu sorgen, dass die Vermittlung von Terminen für alle Versicherten reibungslos funktioniere.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Terminservicestellen: Kollegial statt kostspielig

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Kommentare
Henning Fischer 25.01.201708:56 Uhr

verlogene Welt


erst macht die Politik die Behandlung von Patienten durch Budgets unattraktiv, dann erfindet sie Gesetz um die Behandlung trotzdem zu erzwingen.

Würde alles mit rechten Dingen zugehen, würden alle Ärzte mit Freude behandeln. Aber für zu wenig oder kein Honorar?!

Natürlich wollen Politik, Kassen und Patientenvertreter eine Weiterführung der Servicestellen: es kostet sie ja nichts! Wir dummen Ärzte müssen wie immer blechen.

Und noch eins wird klarer denn je: die KVen sind nicht im mindesten in der Lage, uns vor noch so blöden Gesetzen zu schützen! Gröhe marschiert ungehindert durch.

Ein fatales Signal für den Nachwuchs!

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