Corona-Pandemie

Virologen kritisieren KBV-Position zum Lockdown

Die Kritik an der KBV für ihr Pandemie-Positionspapier reißt nicht ab. Jetzt hat sich die Gesellschaft für Virologie deutlich davon distanziert – und damit auch von zwei ihrer Mitglieder.

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MERS-Coronaviren unterm Elektronenmikroskop

Coronaviren im Fokus: Mit der KBV-Position will die GfV nichts zu tun haben.

© Arne Dedert / dpa

Berlin. Die Fachgesellschaft der Virologie in Deutschland geht auf Distanz zum Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Virologen Professor Hendrik Streeck (Universität Bonn) und Professor Jonas Schmidt-Chanasit (Universität Hamburg).

Darin werde der Anschein erweckt, dass es sich bei den Inhalten des Papiers um die „gesammelte Meinung von Wissenschaft und Ärzteschaft“ handelt, heißt es in einem Schreiben der Gesellschaft für Virologie (GfV) von Freitag. Dies gelte für die Mehrzahl der Virologen sowohl aus wissenschaftlicher als auch ärztlicher Sicht „ganz sicher nicht“.

Gezeichnet haben neben dem GfV-Vorstand 45 Virologen an deutschen Universitäten und Instituten, darunter zum Beispiel auch der Charité-Virologe Professor Christian Drosten und Professor Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.

GfV: „Erforderlich und notwendig“

Die Unterzeichner äußern zudem Kritik an im Zusammenhang mit der Vorstellung des KBV-Papiers geäußerten Vorschlägen, die auf die Ablehnung Lockdown-ähnlicher Maßnahmen und die Beschränkung auf eigenverantwortliche Umsetzung der AHA plus-Regeln zielten.

Die Virologen betonen dagegen, dass sie die von der Politik aktuell angeordneten Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der SARS-CoV-2-Neuinfektionen „in der Gesamtschau für erforderlich und notwendig“ halten.

Ihnen sei bewusst, dass diese auch „erhebliche Einschränkungen und wirtschaftlich negative Folgen, nach sich zögen und deshalb nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden könnten.

Risikogruppen in der Mitte der Gesellschaft

Derzeit sei die Situation in Deutschland von exponentiellem Wachstum der Neuinfektionen geprägt. Dieser Zunahme werde mit zeitlicher Verzögerung ein Anstieg der schweren COVID-19-Verläufe folgen, prophezeien die Autoren. „Aus unserer Sicht stimmen alle an der Bekämpfung der Pandemie Beteiligten darin überein, dass der besondere Schutz von Risikogruppen ein zentrales Anliegen ist“, heißt es in dem Schreiben.

Die Virologen verweisen darauf, dass 30 Prozent der europäischen Bevölkerung mindestens einen bekannten Risikofaktor für einen schweren Verlauf hätten. Damit werde klar, dass viele Risikopersonen nicht in Einrichtungen lebten, sondern in der Mitte der Gesellschaft.

Die Vorsitzendes Marburger Bundes, die Krankenhaushygienikerin Dr. Susanne Johna, hatte am Donnerstag darauf verwiesen, dass in Deutschland deutlich mehr als 20 Millionen Menschen älter als 60 Jahr alt seien und damit zur Risikogruppe gehörten. Dazu kämen zahlreiche auch jüngere Menschen mit chronischen Erkrankungen.(af)

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