Kommentar zum EU-Krebsplan
Visionäre ohne Penunzen
Der EU-Krebsplan soll Europa den Weg zur Gesundheitsunion zementieren. Kann nur sein, dass unterwegs das Material ausgeht.
Veröffentlicht:Der Anspruch ist visionär: Die EU-Kommission will – auch als Lehre aus der Corona-Pandemie – die Gesundheit der Europäer als verbindendes Element der EU-Mitgliedstaaten etablieren. Spielte Gesundheit früher – dem Subsidiaritätsprinzip geschuldet – so gut wie keine Rolle in der Brüsseler Schaltzentrale der Macht, so soll nun der am Mittwoch unter Präsidentin Ursula von der Leyen von der Kommission verabschiedete EU-Krebsplan den Weg in eine Gesundheitsunion zementieren.
So fand EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides starke Worte für die Symbolkraft des Planes: „Eine starke europäische Gesundheitsunion ist eine Union, in der die Bürgerinnen und Bürger vor vermeidbaren Krebserkrankungen geschützt sind, in der sie Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen und Frühdiagnose haben und in der alle auf jedem Schritt des Weges auf eine hochwertige Versorgung zurückgreifen können. Das ist es, was wir mit unserem Plan gegen den Krebs erreichen wollen.“
So sollen im Rahmen von zehn Leitlinien und zahlreichen Fördermaßnahmen Millionen Menschenleben gerettet werden, die ansonsten von onkologischen Erkrankungen hinweggerafft werden würden. Bis 2030 solle zum Beispiel die mit EU-Mitteln geförderte Impfung von mindestens 90 Prozent der Mädchen und Jungen gegen humane Papilloma-Viren sowie nicht näher genannte Investitionen in die Infrastruktur erreicht werden. Es soll ein Wissenszentrum für Krebs aufgebaut und eine Europäische Initiative über bildgebende Verfahren in der Krebsmedizin gestartet werden, um nur einige Beispiele zu nennen.
Nimmt man das Versprechen Ernst, das Kyriakides und verschiedene Europaabgeordnete bei zig Videoschalten in den vergangenen Monaten abgegeben haben, dann soll jeder Europäer, so hieß es immer wieder, Zugang zu innovativer Krebsdiagnostik und -therapie haben. Der Krebsplan mit seiner mickrig anmutenden Finanzausstattung von gerade einmal vier Milliarden Euro – 1,25 Milliarden davon aus dem Programm EU4Health – wird das mit Sicherheit nicht leisten können.
Denn die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass sich viele EU-Mitgliedstaaten schwer damit tun, Projekte weiterzuführen, wenn die EU-Mittel versiegen. Da hilft dann nur noch der gelebte Zweckoptimismus: Sind die Penunzen weg, dann muss halt der Glaube Berge versetzen.
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