Bedarfsplanung
Vorpreschen von KV-Chef sorgt für Zündstoff
Die Vertreterversammlung in Brandenburg streitet über das neue Konzept zur Arztsitzvergabe. KV-Chef Helming muss seinen Alleingang rechtfertigen.
POTSDAM. Für Zündstoff in der KV Brandenburg sorgt das Konzept der Versorgungsauftragsbasierten Arztsitzvergabe (VAV), das KVBB-Chef Dr. Hans-Joachim Helming im August der Öffentlichkeit vorgestellt hat.
Genauer gesagt: Ärger gibt es, weil er es öffentlich vorgestellt hat. Vorstandskollege Andreas Schwark warf ihm in der jüngsten Vertreterversammlung vor, dass er damit vorgeprescht ist, ohne die Ergebnisse der internen Beratungen abzuwarten.
"Eine inhaltliche Abstimmung oder Beschlussfassung zu diesem Projekt hat es innerhalb der KVBB vor Bekanntwerden in der Öffentlichkeit nicht gegeben", sagte Schwark in einer persönlichen Erklärung.
Im Vorstand sei beschlossen worden, den derzeitigen Arbeitsstand des Projektes nicht vor dem 15. Oktober in die Öffentlichkeit zu tragen. Zu diesem Zeitpunkt sollte das Konzept mit den beratenden Fachausschüssen diskutiert werden.
Die Angelegenheit betreffe die Sicherstellung und sei von grundsätzlicher Bedeutung. Vor diesem Hintergrund bezeichnete Schwark Helmings Vorgehen als "Verstoß gegen unsere Satzung".
Warenkorbmodell in der Kritik
Der Hausarzt im KV-Vorstand signalisierte zwar grundsätzliche Unterstützung für das Anliegen, bessere Instrumente zur Messung des medizinischen Versorgungsbedarfs zu entwickeln. Zugleich übte er scharfe Kritik an dem Warenkorbmodell.
Es sieht vor, dass ein Arzt eine genau beschriebene Art und Menge von Leistungen für einen bestimmten Zeitraum zu einem festen Preis vorhält. Schwarks Kritik: "Die Therapiefreiheit des Arztes wird mindestens eingeschränkt."
Zudem müsse die freie Arztwahl zwangsläufig ausgesetzt werden.
Helming räumte ein, dass hochkomplexe Fragen bei dem Konzept noch offen seien. Seinen Gang an die Öffentlichkeit rechtfertigte er jedoch damit, dass das Thema vor Beginn der parlamentarischen Beratungen über den von der Bundesregierung angekündigten zweiten Teil eines "Versorgungsstrukturgesetzes" präsentiert werden sollte.
"Dass darüber öffentlich diskutiert wird, ist einfach der Situation geschuldet, dass wir den Ablauf der parlamentarischen Diskussion nicht bestimmen können", sagte er. Der Referentenentwurf im Bundesgesundheitsministerium sei weitgehend fertig.
Warnung vor Zweiklassen-System
Der Wortwechsel zwischen den beiden Vorstandskollegen der KVBB entfachte eine hitzige Debatte in der Vertreterversammlung. Der Potsdamer Allgemeinmediziner Dr. Ralph Schürer unterstützte Schwarks Kritik an Helming.
Hausarzt und Kammervorstandsmitglied Dr. Hanjo Pohle warnte, dass das VAV-Konzept in die Richtung falsch verstanden werden könnte, dass die KV befristete Zulassungen befürworte.
Dagegen signalisierte der HNO-Arzt Dr. Gerald Gronke inhaltliche Zustimmung zu dem Konzept. "Vom Prinzip her finde ich es interessant, wenn Sie mir sagen, ich kann in meiner Praxis für die nächsten zehn bis 20 Jahre für diese feste Summe Geld arbeiten", so Gronke.
Andere Fachärzte warnten vor einem Zwei-Klassen-System, wenn einige Ärzte im Warenkorbmodell und andere im herkömmlichen System nebeneinander arbeiten.
Die Debatte mündete in eine Auszeit, in der sich die Wogen glätteten. Schließlich bat die Vertreterversammlung Helming um "zeitnahe und regelmäßige Information".
Zudem forderte sie, dass kein Pilotprojekt ohne ihre Zustimmung starten soll. (ami)