Neue Studie vorgestellt
„Vorurteile und Diskriminierung machen krank“
Magenkrämpfe, Erschöpfung, Depressionen: Einer Studie der IKK classic zufolge erkranken Menschen, die Diskriminierung erleben, deutlich öfter. Gesellschaft und Medizin seien mehr und mehr gefordert.
Veröffentlicht:Berlin/Dresden. Laut einer Studie im Auftrag der IKK classic ist jeder zweite Bundesbürger Vorurteilen und Diskriminierung im Alltag ausgesetzt. Das Problem erreiche zunehmend auch die Praxen von Ärzten und Psychotherapeuten, erklärte die Krankenkasse am Dienstag.
Denn wer bewusst oder unbewusst Ressentiments und Ausgrenzung ausgesetzt sei, leide häufiger unter Ess- und Schlafstörungen, Migräne, Burnout oder Depression und sei auf Therapie angewiesen.
Für die Studie befragte das Kölner Rheingold-Institut knapp 1530 Bundesbürger ab 18 Jahren nach ihren persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierung und möglichen gesundheitlichen Auswirkungen.
Tuscheln, lästern, anfeinden: Die Palette ist groß
Knapp 60 Prozent der Befragten waren bereits selbst Vorurteilen ausgesetzt oder geben an, Diskriminierung erlebt zu haben. Vorwiegend handele es sich um „Mikroaggressionen“ wie tuscheln oder unhöfliche Behandlung. Schlimmstenfalls reichten die Konsequenzen bis hin zu Belästigung und Körperverletzung. Obwohl Vorurteile „natürlich“ seien, gäben nur 38 Prozent der Befragten an, selber welche zu haben, teilte die Kasse unter Verweis auf Umfrage mit.
Nicht selten manifestiere sich die Erfahrung von Diskriminierung in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit oder im Internet in körperlichen und seelischen Symptomen, hieß es. Betroffene erlebten Gefühle der Unsicherheit, Irritation, Hilflosigkeit und sogar Scham und Schuld. Zusammenbrüche und Burnout etwa würden bei ihnen 3,4 Mal so oft auftreten wie bei Menschen, die keine Diskriminierung erfahren.
Über Migräne und chronische Kopfschmerzen klagten Diskriminierte drei Mal so häufig wie Nicht-Betroffene. Zu Depressionen komme es im Vergleich 2,5 Mal so oft, zu Schlafstörungen und Magen-Darm-Erkrankungen doppelt so häufig.
Gesellschaftliches und medizinisches Problem
„Diskriminierung ist ein großes Problem – ein gesellschaftliches und ein medizinisches“, kommentierte der Vorstandschef der IKK classic, Frank Hippler, die Ergebnisse der Studie. Respektvoller Austausch sowie wertschätzender Umgang mit anderen Menschen und sozialen Gruppen seien wichtige Faktoren, „damit aus Vorurteilen erst gar kein diskriminierendes Verhalten entsteht“.
IKK-Vize Kai Swoboda sagte, psychische Erkrankungen seien auch wegen der Zunahme von Vorurteilen und Diskriminierung – transportiert etwa über soziale Medien – gestiegen. Zugleich verknappe sich das Angebot an psychotherapeutischen Leistungen und Behandlungsmöglichkeiten.
Mehr Behandlungsangebote? „Alle sind gefordert!“
In der Coronavirus-Pandemie habe man aber „gute“ und „unkomplizierte“ Wege eingeschlagen, Therapien zu ermöglichen, sagte der Kassenmanager. Videosprechstunden für Patienten seien ausgebaut und Gruppentherapien ohne vorherige Genehmigung der Krankenkassen in Einzeltherapien umgewandelt worden.
Grundsätzlich sei es nicht Aufgabe einer einzelnen Kasse, die Landschaft der psychotherapeutischen Behandlungsangebote zu regeln. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der man sich mit Sicherheit stellen muss.“ Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen „in Summe“ sei gefordert.