DOG-Kongress
Was Augenärzte Positives in der Pandemie sehen
Die erste Corona-Welle – mit weniger Augen-Patienten – hat gezeigt: Ärzte mit mehr Zeit kümmern sich besser um Patienten. Die Ophthalmologen fordern deshalb zu ihrem Kongress, diese Erkenntnis zu nutzen. Es geht auch um den Klimawandel, KI und Migration.
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Mehr Zeit für Patienten fanden Augenärzte in Zeiten des Corona-Lockdowns.
© Amelie-Benoist / picture alliance / BSIP
Berlin. Die Zeit des Lockdowns im Frühjahr habe ihm die kritikwürdigen Zustände in der Medizin deutlich vor Augen geführt, berichtet DOG-Präsident Professor Hans Hoerauf im Vorfeld des diesjährigen DOG-Kongress. Dieser findet bis zum 9.-11. Oktober in Berlin statt.
„In diesen Wochen und Monaten geringerer Patientenzahlen hatten wir definitiv mehr Zeit für das Patientengespräch und die Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses“, sagte Hoerauf, Direktor der Augenklinik der Universitätsmedizin Göttingen.
Zu normalen Zeiten sei eine solche intensive Zuwendung zu Patienten und Assistenzärzten wegen Personal- und Zeitmangel nicht möglich. Die Fehlentwicklungen in der Augenheilkunde durch die zunehmende Ökonomisierung sind eines der Schwerpunktthemen, mit denen sich die Augenärzte beim 118. DOG-Kongress befassen werden.
Bürokratie wird mehr statt weniger
Bei der Pressekonferenz forderte Hoerauf eine bessere personelle Ausstattung, auch damit die Weiterbildung eine höhere Wertschätzung als bisher erfahre. Zusätzlich sei es nötig, den Aufwand für Dokumentationen zurückzufahren. „Seit Jahren wird erzählt, dass die Bürokratie weniger werden soll. Nach meinem Eindruck wird es immer mehr“, so Hoerauf.
Neben den Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz und Deep Learning in der Diagnostik bieten, werden sich die Kongressteilnehmer auch mit neuen Augeninfektionen befassen, die durch Klimawandel, Migration und Mobilität in Deutschland auftauchen oder zurückkehren.
Die Asiatische Tigermücke zum Beispiel, die inzwischen in Teilen Deutschlands vorkommt, kann das Dengue-, Chikungunya-, West-Nil- und Zika-Virus übertragen und damit eine Entzündung der Aderhaut im Auge verursachen. Auch bakterielle Infektionen mit einem in Afrika vorkommenden Chlamydientyp, der sich in Form einer schwer vernarbenden Bindehautentzündung zeigt, seien möglich.
Neue Augenleiden durch Klimawandel und Mobilität
Wieder häufiger komme inzwischen die Augen-Tuberkulose vor. „Man muss bereit sein, seltene Diagnosen mitzudenken“, appellierte Dr. Carsten Heinz, Leitender Arzt am Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital in Münster, an seine Kollegen.
Über Fortschritte bei der Frühge-borenen-Retinopathie berichtete Professor Andreas Stahl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald. Zu dem üblichen Verfahren der Lasertherapie gebe es nunmehr eine zugelassene Alternative: die Anti-VEGF-Spritzentherapie mit Ranibizumab. Vorteil der neuen Behandlung sei, dass sie weniger belastend ist als die Lasertherapie.
Eine Neuerung gibt es durch die neue Screening-Leitlinie. Das Untersuchungsalter für Frühgeborene sei von der vollendeten 32. Schwangerschaftswoche auf die 31. Woche herabsetzt worden. Dadurch müssten weniger Kinder gescreent werden, so Stahl.