Hintergrund
Was Staaten widerstandsfähig gegen Katastrophen macht
Der Weltrisikobericht zeigt, auch arme und von Naturkatastrophen gebeutelte Länder haben Entwicklungschancen.
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Evakuierung der Menschen nach einem Erdbeben in Japan: Nicht jedes Land bekommt die Folgen einer Naturkatastrophe schnell in den Griff.
© AFLO / imago
Die Häufigkeit und Intensität extremer Naturereignisse sowie die dadurch entstandenen Schäden haben in den vergangenen 40 Jahren stetig zugenommen.
Welche Länder am gefährdetsten sind und wie sich Länder effektiv schützen können, benennt der WeltRisikoBericht 2011, herausgegeben vom Bündnis Entwicklung Hilft, dem fünf deutsche Hilfsorganisationen angehören.
Auch Lebensverhältnisse der Menschen entscheiden über Risiko
Erdbeben, Tsunami, Wirbelsturm, Dürre, Hochwasser - ob sich ein Naturereignis tatsächlich zu einer Katastrophe entwickelt, ist nur zum Teil von seiner Intensität abhängig.
Über das Risiko entscheiden auch die Lebensverhältnisse der Menschen und die vorhandenen Möglichkeiten, schnell und effektiv zu helfen.
Nicht von ungefähr hat Japan die Folgen des verheerenden Tsunamis vom 11. März 2011 weitgehend ohne fremde Hilfe in den Griff bekommen, während Haiti unter den Auswirkungen des Erdbebens vom 12. Januar 2010 noch heute extrem leidet.
Brot für die Welt, terre des hommes, medico international, Misereor und die Welthungerhilfe haben das Katastrophenrisiko nach folgenden Indikatoren bewertet:
a) die Gefährdung oder Exposition durch Naturgefahren wie Erdbeben, Wirbelstürme, Überschwemmungen, Dürren und Meeresspiegelanstieg,
b) die Anfälligkeit in Abhängigkeit von Infrastruktur, Ernährung, Wohnsituation und ökonomischen Rahmenbedingungen,
c) die Bewältigungskapazitäten in Abhängigkeit von Regierungsführung, Vorsorge, Frühwarnung, medizinischer Versorgung, sozialer und materieller Absicherung und
d) die Anpassungskapazitäten bezogen auf kommende Naturereignisse und den Klimawandel.
Im WeltRisikoIndex 2011, der alle genannten Indikatoren berücksichtigt, rangieren die südpazifischen Inselstaaten Vanuatu (32 Prozent Katastrophenwahrscheinlichkeit) und Tonga (29 Prozent) an erster und zweiter Stelle. Das ist vor allem auf ihre extrem hohe Gefährdung durch Erdbeben, Tsunami und Zyklone zurückzuführen, denn im Hinblick auf die Vulnerabilität, also die allgemeine Verletzbarkeit, gelten diese Länder als stärker gefährdet als viele andere.
Von den 173 untersuchten Ländern ist Katar (0,02 Prozent) am sichersten, gefolgt von Malta (0,72), Saudi-Arabien (1,26), Island (1,56) und Bahrain (1,66). Deutschlands Risiko beziffern die Autoren auf knapp drei Prozent.
Auch Asien gefährdet
Betrachtet man die einzelnen Indikatoren für sich, so ergibt sich ein eher modifiziertes Bild. Zu den gefährdetsten Ländern zählen demnach neben Vanuatu und Tonga vor allem asiatische Staaten wie die Philippinen und Japan sowie Länder Lateinamerikas, allen voran Costa Rica, Guatemala, El Salvador und Chile.
Mit einem Gefährdungsrisiko von knapp 30 Prozent gehören aber auch die Niederlande in die Top 15 der exponierten Länder, im WeltRisikoIndex rangieren sie dann jedoch im Mittelfeld.
Von den fünfzehn anfälligsten Ländern der Erde liegen dreizehen in Afrika, ganz vorne Niger, Mosambik und Liberia. Haiti nimmt den neunten und Afghanistan den vierzehnten Rang ein. Ähnlich sieht das Bild bei den Bewältigungs- und Anpassungskapazitäten aus. Afghanistan, Niger und Tschad schneiden hier am schlechtesten ab.
Keine europäischen Länder in Top 15
Weder europäische noch nordamerikanische Länder tauchen unter den Top 15 auf, obwohl neben den Niederlanden auch Griechenland und Ungarn einer relativ hohen Gefährdung ausgesetzt sind.
Fazit der Autoren: "Die Verringerung der gesellschaftlichen Anfälligkeit (etwa durch Reduzierung der Armut), die Förderung von besseren Bewältigungskapazitäten (etwa durch gute Regierungsführung und Stärkung sozialer Netze) und die Stärkung von Anpassungskapazitäten (etwa durch Bildungsangebote) sind realistische Handlungsoptionen zur Risikominimierung und können helfen, zukünftigen Katastrophen und Krisen vorzubeugen."