Im Altenheim
Webbasierter Arzneiplan bindet Pflege mit ein
Der schnelle Austausch zwischen Ärzten, Pflegern und Apotheken kann die Qualität der Arzneitherapie um 25 Prozent verbessern. Das zeigt das Projekt InTherAKT aus Münster.
Veröffentlicht:MÜNSTER. Wenn sich Ärzte, Apotheker und Pflegende über die Medikation von Altenheimbewohnern austauschen und auf demselben Informationsstand sind, können sie einen qualitativen Sprung bei der Arzneimittelversorgung erreichen. Das belegt das Projekt InTherAKT aus Münster. "Von der Zusammenarbeit profitieren insbesondere Menschen, die eine hohe Zahl von Medikamenten erhalten und über eine hohe Krankheitslast klagen", bilanziert Projektleiter Professor Jürgen Osterbrink. Er ist Leiter des Instituts für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg.
Zehn Altenheime mit dabei
Ziel der "Initiative zur (Arzneimittel-)Therapiesicherheit in der Altenhilfe durch Kooperation und Teamwork" war es, die Zahl der unerwünschten Arzneimittelereignisse in Altenpflegeeinrichtungen zu senken. Im Kern des Projekts stand eine webbasierte Kommunikationsplattform für die betreuenden Ärzte, Apotheker und Pflegenden. In das auf zwei Jahre angelegte Versorgungsforschungsprojekt waren 15 Hausärzte, zwölf Apotheker und das Personal aus zehn Altenheimen einbezogen. Zu den Kooperationspartnern gehörten der Hausärzteverband Münster, die Facharztinitiative Münster, die Barmer, die Apothekerkammer Westfalen-Lippe, die KV Westfalen-Lippe und das Pharmaunternehmen Grünenthal.
"Durch den systematischen berufsgruppenübergreifenden Therapie-Check konnten wir eine deutliche Verbesserung bei der Angemessenheit der Medikation erreichen", nennt Osterbrink eines der wesentlichen Ergebnisse von InTherAKT. Die Qualität der Medikation habe sich im Schnitt um 25 Prozent verbessert. Die Patienten hätten die richtigen Arzneimittel in der richtigen Dosierung zum richtigen Zeitpunkt erhalten. "Das klingt banal, ist aber eine Herausforderung", sagt er. Gerade Menschen, die kognitiv beeinträchtigt sind, hätten von dem Projekt profitiert. "Sie waren weniger unruhig, wacher, ansprechbarer." Die Zahl der Patienten, die Schmerzmittel benötigen, sei um fast 13 Prozent gesunken.
Die Online-Plattform habe es den Beteiligten ermöglicht, jeweils zu dem ihnen passenden Zeitpunkt die Medikation zu analysieren, zu kommentieren und Änderungswünsche zu äußern. In der Versorgungsrealität in vielen Pflegeeinrichtungen scheitere der Austausch häufig daran, dass die einzelnen Berufsgruppen zu unterschiedlichen Zeiten anwesend sind. "Es ist der Dreh- und Angelpunkt in der Versorgung, die Akteure kommunikationsfähig zu machen", so Osterbrink. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg: "Es geht um die Versachlichung, nicht um Schuldzuweisungen."
Digitaler Zugriff für Angehörige
Der bundeseinheitliche Medikationsplan ist bei dem Projekt hinterlegt gewesen. Er musste allerdings nicht ausgedruckt werden, sondern konnte gleich in die E-Patientenakte übernommen werden, erläutert er. Alle Berufsgruppen hatten Zugriff auf den Plan, auch die Angehörigen konnten ihn einsehen. Die elektronische Plattform wird zurzeit patentiert. Die Erhöhung der Arzneitherapiesicherheit bei vulnerablen Patienten sei weltweit eine Herausforderung, betont Osterbrink. "Wir haben dafür eine Lösung entwickelt, die wir jetzt anbieten können." InTherAKT soll ab Herbst sukzessive ausgerollt werden, auch über die Grenzen von Westfalen-Lippe hinaus. Die nötigen Fördermittel sind eingeworben.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein sinnvolles Investment