Kommentar zur Bertelsmann-Studie

Weniger ist mehr

Jede dritte Klinik schreibt laut DKG rote Zahlen. Die Zeit drängt, sich über die künftige Krankenhausstruktur Gedanken zu machen.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Ein medialer Volltreffer ist der Bertelsmann-Stiftung mit ihrer aktuellen Krankenhausstudie gelungen. Die kernige Botschaft: Man reduziere die Zahl der rund 1500 Plankrankenhäuser auf unter 600 und alle Probleme wären auf einen Schlag gelöst.

Dass dies funktionieren könnte, haben sich die Bertelsmann-Berater von IGES-Wissenschaftlern ausrechnen lassen. Und deren Simulation für das Jahr 2030 berücksichtigt großstädtische wie auch ländliche Versorgungsstrukturen.

Ihr Ergebnis: Abbau von Überkapazitäten, ein hohes Maß an Qualität, bei guter ärztlicher und pflegerischer Personalausstattung und vertretbare Anfahrtswege – ambitionierte Vorstellungen zunächst auf dem Reißbrett. Dennoch der richtige Zeitpunkt, über Planung nicht nach Betten, sondern nach Bedarf zu reden.

Ein entscheidender Punkt ist, ambulant gut versorgbare Fälle aus der stationären Versorgung rauszuhalten. Das ist nicht neu und bei den Gesundheitsweisen 2018 nachzulesen. Der Rat hat 2600 Leistungen definiert, die sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden können.

Die Krankenhausgesellschaft zeigt sich hier zwar gesprächsbereit, bügelt aber die Vorschläge insgesamt mit Begriffen wie „Kahlschlag“ und „Zerstörung“ ab und zeigt mit dem Finger auf die anderen.

Lesen Sie dazu auch: Bertelsmann-Stiftung: Bessere Versorgung nur mit weniger Kliniken möglich

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 15.07.201921:34 Uhr

Das Chaos perfekt gemacht?

Über eine Verringerung der Zahl der Krankenhäuser wird in Deutschland seit langem diskutiert:

- AOK-Krankenhaus-Report von 2018 https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/bedarfsplanung/article/959967/aok-krankenhausreport-500-kliniken-koennen-dicht-machen.html

- "Leopoldina" mit einem 8-Thesen-Papier und dem anspruchsvollen Titel "Nationale Empfehlungen - Zum Verhältnis von Medizin und Ökonomie im deutschen Gesundheitssystem (2016)" www.leopoldina.org/de/publikationen/detailansicht/publication/zum-verhaeltnis-von-medizin-und-oekonomie-im-deutschen-gesundheitssystem-2016/

Zugespitzt wird das durch einen aktuellen Report der Bertelsmann-Stiftung (BS), nach dem die gerade erst im ländlichen Raum geförderten Kliniken wieder geschlossen werden sollten: Paradoxerweise, damit die Versorgung der Patienten verbessert werden kann. Von den derzeit knapp 1.400 Krankenhäusern sollten nur deutlich weniger als 600 größere und bessere Kliniken erhalten bleiben. Nur Kliniken mit größeren Fachabteilungen und mehr Patienten haben genügend Er­fahrung für eine sichere Behandlung, betonen die Autoren der BS-Studie.

Völlig vernachlässigt wird dabei, dass Erst-, Notfall-, Rettungs- und Transportmaßnahmen dadurch erheblich verzögert werden und in die BS-Kalkulationen nicht mal ansatzweise eingeflossen sind. Primäre, sekundäre und tertiäre Versorgungsebenen gehören nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch in Sozialen Brennpunkten und Randgebieten zur Daseinsvorsorge.

Eher Medizin- und Versorgungs-fremde bzw. volks- und betriebswirtschaftlich den großen Krankenhaus-Konzernen nahestehende Krankenhausexperten wie Professor Boris Augurzky vom RWI, Professor Reinhard Busse von der TU Berlin oder Professor Max Geraedts von der Uni Marburg haben Interesse-geleitet ein Zerrbild entwickelt, das in eine IGES-Simulationsrechnung der Kliniklandschaft im Großraum Köln/Leverkusen mit gut 2 Millionen Menschen und ihrem Einzugsgebiet mündet.

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z.Zt. Lysekil/Göteborg/S)

Gundula Krause 15.07.201916:45 Uhr

viel zu viele Krankenhäuser lt. Bertelsmann-Stiftung

Toll! Meine Empfehlung: die Kliniken, die bestehen bleiben sollen, bitte nach der Größe der Flure auswählen! Wo am meisten Patienten in die Flure passen, sind die Theoretiker mit der Klinikauswahl dann richtig!!
Auch toll: viel, viel mehr ambulante Operationen. Und dann? Dann sollen doch die "Ausputzer" in Form von Hausärzten die weitere Betreuung übernehmen.
Warum? Weil sie so viel Zeit übrig haben für zusätzliche Aufgaben!
Empfehlung: jeder, der dieses Konzept unterstützt wird mit Namen und Tel.-Nr. in einer Kartei aufgenommen - und bei der nächsten Grippewelle für die Flurversorgung der Patienten eingezogen. Erst dann werden sie verstehen, was auch die kleineren Häuser leisten.
Und dann bitte weiter so. Feuerwehren verringern (so oft brennt es ja schließlich nicht!). Bundeswehr? Auch Kriegsgefahr ist aktuell eher gering.
Es geht um Daseinsvorsorge! Da gibt es vielleicht mal keine 100% Auslastung. Aber wenn die dann gebraucht werden - wer möchte dann einen Stellplatz im Flur?

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