Bundesärztekammer
Zahl der festgestellten Behandlungsfehler sinkt
Die Zahl der von den Ärztekammern registrierten Behandlungsfehler stagniert auf niedrigem Niveau. Dennoch fordern Kammervertreter eine Meldepflicht für Gerichte und Versicherer.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Bundesärztekammer (BÄK) hat am Mittwoch eine neue Statistik zu Behandlungsfehlern in Arztpraxen und Krankenhäusern vorgelegt.
Bei insgesamt 1858 Patienten stellten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern im vergangenen Jahr einen Behandlungsfehler oder einen Mangel bei der Risikoaufklärung vor einer Behandlung fest. 2017 waren es noch 2213 Fälle gewesen.
Bei 1499 der 1858 Patienten ergaben sich direkte Zusammenhänge zwischen Behandlung und einem Gesundheitsschaden. Gezählt wurden etwa 88 Tote, 127 dauerhaft schwer und 462 dauerhaft mittel und leicht geschädigte Patienten (siehe nachfolgende Grafik).
Rechnerisch waren die Arztpraxen 2018 zu 24,1 Prozent am Fehlergeschehen beteiligt. Weit oben in den Praxen der Vertragsärzte stehen bestätigte Mängel bei der Diagnostik, bei der Anamnese, beim Labor und der Indikationsstellung. Sie allein stehen für mehr als 300 Fehler.
Die Hausärzte stehen hinter den Unfallchirurgen und Orthopäden (402 Fehlern) als Fachgebiet mit 229 Fehlern an zweiter Stelle aller Fachgebiete (siehe nachfolgende Grafik).
Mit rund 55.000 an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten stellen sie aber auch die bei weitem größte Gruppe.
Rund eine Milliarde Arztkontakte im Jahr
Die Fehlerstatistik müsse auch vor dem Hintergrund der Gesamtzahl der Behandlungsfälle betrachtet werden, sagte der Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Professor Andreas Crusius, der Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen ist.
Ausweislich der Behandlungsstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kommt es bei rund einer Milliarde Arztkontakten im Jahr zu mehr als 550 Millionen Behandlungsfällen in den Vertragsarztpraxen. Die Krankenhäuser steuern weitere rund 20 Millionen Patientenbehandlungen im Jahr bei.
Die tatsächliche Zahl von Patienten, die zurecht ein Behandlungsergebnis monieren, ist allerdings unbekannt. Direkt zwischen Arzt oder Krankenhaus und Patient geklärte Streitigkeiten, von Versicherungen und Gerichten getroffene Entscheidungen werden statistisch nicht erfasst. In Kammerkreisen geht man von möglicherweise 40.000 aus.
Meldepflicht für Gerichte gefordert
Professor Crusius forderte daher eine Meldepflicht auch für die Gerichte. Die Linken-Abgeordnete Sylvia Gabelmann forderte am Mittwoch eine Beweislastumkehr und einen Entschädigungsfonds zugunsten der Patienten. Jährlich kämen Hunderttausende zu Schaden.
Am häufigsten von Fehlbehandlung in den Arztpraxen betroffen waren in 24 Fällen Patientinnen mit Brustkrebs, gefolgt von jeweils 14 Patienten mit gebrochenen Handgelenken und weiteren 14 mit degenerativen Schäden an den Knien.
In den Krankenhäusern stehen die Operationen als Fehlerquelle ganz oben. Bei 416 traten ausweislich der Statistik Behandlungsfehler auf, ganze 62 Male zum Beispiel bei Oberschenkelhalsbrüchen.
Relativ wenig Abweichungen im Vergleich zum Vorjahr
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Entscheidungen getroffen als im Jahr zuvor. 2017 hatten die Gutachter 7307 Eingaben von Patienten abschließend behandelt, 2018 lediglich 5972, wobei hinter einer Sachentscheidung mehrere Antragsgegner stehen können (siehe nachfolgende Tabelle).
Als Grund für den Rückgang nannte der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern Andreas Dohm personelle Engpässe.
Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich relativ wenig Abweichungen. 2017 hatte es bei den 7307 abgeschlossenen Verfahren 1783 Behandlungsfehler mit kausal bedingter Patientenschädigung gegeben. Die Zahl der Eingaben sinkt seit 2014 von Jahr zu Jahr.
Damals wandten sich 12.053 Patienten an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Im vergangenen Jahr waren es 10839. Weniger als ein Viertel der Anträge betrafen die Arbeit niedergelassener Ärzte (24,1 Prozent). (Mitarbeit: ths)
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 03.04.2019 um 16:18 Uhr.
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