Honorar-Einigung
800 Millionen Euro mehr für Ärzte
Der Honorarpoker ist beendet: KBV und GKV-Spitzenverband haben sich darauf geeinigt, dass Ärzte im kommenden Jahr 800 Millionen Euro mehr erhalten. Das Verhandlungsergebnis schmeckt nicht jedem.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben sich am Mittwoch in ihrer zweiten Verhandlungsrunde auf ein Honorarplus geeinigt. Insgesamt können die Ärzte mit 800 Millionen Euro mehr im kommenden Jahr rechnen.
Die Hausärzte erhalten 2015 für Hausbesuche und für Beschäftigung von qualifizierten nichtärztlichen Praxisassistentinnen (Verahs) 132 Millionen Euro mehr. Die Verahs werden damit in die Regelversorgung übernommen. Nach Angaben von KBV und GKV-Spitzenverband fließt dieses Geld außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung.
Gleiches gilt für weitere 132 Millionen Euro, die die Fachärzte auf die Leistungen der fachärztlichen Grundversorgung draufgelegt bekommen.
Alle niedergelassenen Ärzte erhalten zusätzlich ein höheres Honorar von 536 Millionen Euro. Der Orientierungspunktwert steigt somit um 1,4 Prozent auf 10,27 Cent (bislang 10,13 Cent).
Nach Angaben des NAV-Virchow-Bundes soll es zusätzlich eine Protokollnotiz geben, dass der kalkulatorische Arztlohn bei der EBM-Reform 2016 angehoben werden und nicht mehr der Beitragssatzstabilität unterworfen sein soll.
Das sei der Einstieg in feste Preise, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, das Ergebnis der Verhandlungen für die Ärztehonorare im kommenden Jahr am späten Mittwochnachmittag.
"Wichtig ist für uns vor allem die Förderung der haus- und fachärztlichen Grundversorgung", sagte Gassen, der erstmals als Verhandlungsführer der Ärzte am Tisch saß.
Pfeiffer: "Verhandlungspaket gerade noch vertretbar"
Gassen hatte die Latte im Vorfeld die Latte hoch gelegt. Die vertragsärztliche und –psychotherapeutische Versorgung sei um mehr als fünf Milliarden Euro unterfinanziert, hatte Gassen bei verschiedenen Gelegenheiten vorgerechnet, diese Summe allerdings nie zur offiziellen Forderung der Ärzteseite erhoben. Dennoch wirkt das tatsächlich erreichte Ziel dagegen nun mager.
Die Kritik von Ärzteseite folgte prompt. "Keines der von der KBV gesteckten Ziele ist erreicht worden", klagte der Vorsitzende des NAV-Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich. Die Anhebung des Orientierungspunktwertes gleiche nicht einmal die Inflationsrate aus.
Heinrich übte scharfe Kritik am Verhandlungsstil des neuen KBV-Chefs Gassen: "So wie die Verhandlungen in diesem Jahr gelaufen sind, kann es nicht weiter gehen." Man werde den Widerstand der Praxisärzte organisieren müssen, um grundlegende Veränderungen in der Honorarpolitik zu erzwingen.
Die Förderung der hausärztlichen Strukturen strich GKV-Spitzenverbandschefin Dr. Doris Pfeiffer heraus. "Mit Blick auf die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist dieses Verhandlungspaket gerade noch vertretbar", sagte Pfeiffer.
Zumindest als Teilerfolg wird der Hausärzteverband das Verhandlungsergebnis werten. Die Aufnahme der qualifizierten nichtärztlichen Versorgungsassistentinnen (Verahs und andere) in die Regelversorgung war ein Ziel der Hausärzte. Auch das Aufgeld für die Hausbesuche dürfte den Hausärzten gelegen kommen.
"In dünn besiedelten Gebieten fährt der Hausarzt heute 20 Kilometer weit zu seinen Patienten raus", hatte der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Dr. Ulrich Weigeldt, im Vorfeld der Verhandlungen gesagt. Dies sei betriebswirtschaftlich nicht abzubilden und unter tariflichen Gesichtspunkten prekär.
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