Honorar

Ärzte fordern fünf Milliarden - aber wann?

Die Honorarverhandlungen zwischen Ärzten und Kassen haben begonnen. Und gleich zum Auftakt gab es einen Paukenschlag - und Ärger zwischen KBV und GKV-Verband.

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Jetzt beginnen die Rechenspiele.

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© Karin & Uwe Annas / fotolia.com

BERLIN. Die Ärzte und Psychotherapeuten sollen eine Anhebung ihres Honorars um 15 Prozent gefordert haben. Dies ist am Mittwoch aus den Verhandlungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband gedrungen.

KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl hat diese Zahl nicht ausdrücklich bestätigt, aber auch nicht dementiert. "Wir wollen, dass ein niedergelassener Arzt, der 51 Stunden in der Woche gesetzlich krankenversicherte Patienten behandelt, die Möglichkeit haben muss, mit GKV-Leistungen auf ein kalkulatorisches Arztgehalt von 133.000 Euro zu kommen (vergleichbar dem tariflichen Oberarztgehalt)", teilte Stahl aus den Verhandlungen mit. Arbeiteten Ärzte weniger, reduziere sich diese Summe natürlich entsprechend.

Ein konkretes Angebot, was die Kassenseite bereit wäre zu bezahlen, ist derzeit nicht bekannt.

Derzeit fließt als kalkulatorischer Arztlohn ein Betrag von 105.000 Euro in die Honorarberechnungen ein, das entspricht dem tariflichen Oberarztgehalt von 2007. Das sich damit entstehende jährliche Delta hatte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen im Vorfeld der Verhandlungen auf drei Milliarden Euro beziffert.

Eine Forderung von 15 Prozent würde mit den zuvor angekündigten Verhandlungsprämissen der Ärzteseite korrespondieren. Die bestehen außer der Anhebung der Kalkulationsgrundlage auch aus etwa 2,3 Milliarden Euro für Leistungen, die Ärzte zwar erbringen, aufgrund der Budgetdeckelung aber nicht bezahlt bekommen. Ziel der Ärzteseite ist, das Ende der Budgetierung weiter voranzutreiben.

Über den Zeitraum, in dem diese mehr als fünf Milliarden Euro mehr an Honorar erreicht werden sollen, herrscht noch Unklarheit. "Wir können uns bei der Unterfinanzierung durchaus Zwischenschritte vorstellen", sagte Stahl der "Ärzte Zeitung".

In Meldungen von Mittwoch war davon die Rede, die Ärzte wollten den vollen Betrag bereits für 2015. Weitgehend automatisiert ist das Verhandlungsverfahren, wenn es um die Berücksichtigung allgemeiner Kostensteigerungen für Arztpraxen geht.

"Bei diesen horrenden Forderungen kann man nur ungläubig mit dem Kopf schütteln", sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. Die Forderungen der Ärzte entsprächen im Durchschnitt einem Honorarplus für jeden Vertragsarzt und Vertragspsychotherapeuten von 38.000 Euro im Jahr, sagte Lanz.

Die Verhandlungen hatten am Mittwoch um 10 Uhr begonnen. Angesetzt waren sie bis 17 Uhr. Die nächste Sitzung soll am kommenden Mittwoch, 27. August, folgen. Gesetzlich vorgesehen ist, dass beide Seiten bis 31. August ein Ergebnis erzielen. Kommt dies nicht zustande, muss der um überparteiliche Mitglieder erweiterte Bewertungsausschuss entscheiden. (af)

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Kommentare
Dr. Richard Barabasch 21.08.201411:59 Uhr

Noch ein (anderer) Gesichtspunkt

Ein Staat, der immer wieder betont "marktwirtschaftliche und somit wettbewerbstechnische" Grundsätze (auch!!!) im System der Betreuung Krankenkassenpflichtversicherter Kranken durch VertragsärztInnen zu befürworten und diese dann konsequent durchzusetzen, der tritt sich selber gegen das Schienbein, indem er seine Versorger in diesem System - hier nun auf die VertragsärztInnen fokusiert - mit einem Budget ZWINGT gegen die eigens erstellten Maßgaben für das (marktwirtschaftliche) System 30 % der erbrachten Leistungen UMSONST in einer 51-stündigen Wochenarbeitszeit in angeblich "freier Berufsausübung" zu erbringen. Das ist Fron-Verpflichtung und Versklavung statt marktwirtschaftliche Ökonomie ! Es ist die Verloghenheit und frech-undiszipliniertes Denken zum eigenen Vorteil im Auslaben einer die kurative Tätigkeit an Bürgern widerlich missachtenden Chrakterlosigkeit "der Politik" - sonst gar nichts,
meint
R.B.

Dipl.-Psych. Rainer Weber-Thammasut 20.08.201421:51 Uhr

Psychotherapeuten haben beim Honorar den größte Nachholbedarf!

Ich kann nicht beurteilen, welche Honorarsteigerungen den Ärzten zustehen müßten. Aber ich kann als Psychotherapeut meine Honorarentwicklung darstellen.
Warum die psychotherapeutischen Verbände immer als Bezugsjahr 2009 nennen, um zu zeigen, wie wir beim Honorar benachteiligt/beschissen werden, leuchtet mir nicht ein. Ich nehme als Bezugsjahr 1997. Da betrug das Sitzungshonorar bei den Ersatzkassen 145 DM, gleich 72,50 €. 2014 beträgt das Honorar 82,96 €. Das ist eine Steigerung von 14,4% in 17 Jahren! Pro Jahr 0,85%! Das ist nicht nur Beschiß, das ist legalisierter Betrug. Ein Totalversagen der gesamten Honorar- und Gesundheitspolitik! Totalversagen des BMG als Aufsichtsbehörde. Die sozialgerichtlichen und gesetzlichen Vorgaben werden mit Füßen getreten.
Der Bewertungsausschuß (GBA) hatte beschlossen, bis zum 30.6.2014 die psychotherapeutischen Leistungen zu überprüfen, ob die Honorare eine angemessene Vergütung sicherstellen. Heute, 20.8.2014: NIX passiert. Punkt Fertig. Kein Kommentar. Keine Reaktion des BMG. NIX.
Aber jetzt werden sich die Psychotherapeuten wehren, das Maß ist voll! Wir werden massenhaft am 25.9. in Berlin demonstrieren. Fast alle Niedergelassenen sind mobilisiert, die Veranstalter rechnen inzwischen mit knapp 15.000 Teilnehmern. Das wird ein bunter und energischer Zug durch das Regierungsviertel, an dem die (Gesundheits-) Politik nicht mehr vorbei kann.
Dann ist endlich Schluß mit der fortwährenden Ausbeutung unserer Arbeitskraft!

Dr. Wolfgang Bensch 20.08.201414:34 Uhr

Finanzierung, Unter- oder über Finanzierung ein paar Gedanken

Leistungen der Ärzteschaft sollen bezahlt werden und zwar angemessen in Relation zu anderen Dienstleistungen, wofür z.B. jeder Handwerker seinen Kunden Rechnungen ausstellt, die das in einer Endsumme ausweisen.
Zur "Finanzierung" weiss WIKI dies:
"Die Finanzierung, auch Finanzökonomik, ist einer der drei Teilbereiche der Finanzwirtschaft und umfasst alle betrieblichen Prozesse zur Bereitstellung und Rückzahlung der finanziellen Mittel, die für Investitionen benötigt werden. Darunter fallen alle Maßnahmen von der Beschaffung bis zur Rückzahlung finanzieller Mittel sowie die damit verbundene Gestaltung der Zahlungs-, Informations-, Mitbestimmungs-, Kontroll- und Sicherungsbeziehungen zwischen Unternehmen und Kapitalgebern. Die Finanzökonomik umfasst auch die umgekehrte Betrachtung dieser Sachverhalte vom Standpunkt des Anlegers aus (Finanzplanung)."
Die Wortwahl der Körperschaft fällt - wie seit Jahren gewohnt - in diesen Dingen ziemlich unprofessionell aus. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist daher abzusehen.

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