Kommentar zur Honorar-Einigung

Ziel um Lichtjahre verfehlt

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Da staunt der Laie, der Fachmann wundert sich: Einmütig werten führende Medien wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Süddeutsche Zeitung" den in der zweiten Verhandlungsrunde getroffenen Honorarabschluss zwischen KBV und GKV-Spitzenverband zur Honoraranpassung für 2015 am Mittwochnachmittag als "überraschend". Noch wenige Stunden zuvor hatte KBV-Sprecher Roland Stahl eine rasche Einigung für höchst unwahrscheinlich gehalten.

So viel ist klar: Der GKV-Spitzenverband und mit ihm die Krankenkassen dürfen sich die Hände reiben: Mit so wenig Verhandlungsaufwand haben sie noch nie in der Vergangenheit ein Risiko für steigende Beitragssätze vom Tisch gefegt.

Aus Sicht der betroffenen Vertragsärzte ist das Ergebnis mehr als enttäuschend - es ist bitter. Denn von marginalen Korrekturen abgesehen ändert der Honorarabschluss nichts daran, dass fast alle Begrenzungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung bestehen bleiben.

Nun wird niemand ernsthaft erwartet haben, dass es hätte gelingen können, auch nur näherungsweise an jene 5,3 Milliarden Euro oder mehr als 15 Prozent Honorarzuwachs zu gelangen, wie der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen dies im Eröffnungsritual gefordert hatte.

Dennoch: Die Lücke zwischen der Honorarforderung von 5,3 Milliarden Euro und den nun realisierten 800 Millionen Euro klafft mit 4,5 Milliarden Euro extrem auseinander. Das ist ein Zielerreichungsgrad gerade einmal 15 Prozent.

Die KBV hat sich selbst und ihren Zwangsmitgliedern damit ein Problem geschaffen: Waren die Honorarverhandlungen in den vergangenen Jahren stets zäh und meist erst nach Anrufung des erweiterten Bewertungsausschusses quasi auf den letzten Drücker zu Ende gegangen, so gab es nun binnen weniger Stunden eine friedliche Einigung.

Das wirft die Frage auf, warum die Argumente für die Honorarforderungen offensichtlich nicht gezogen haben. Und es gießt Wasser auf die Mühlen derer, die schon immer der Meinung waren, die Vertragsärzte jammerten auf hohem Niveau.

Apropos Einkommensniveau: Es gibt andere Berufsgruppen mit ähnlich hohem Einkommen wie das der Vertragsärzte - und ähnlicher Verantwortung: die Piloten. Da wird mit ganz anderen Bandagen gekämpft.

Streik ist den Vertragsärzten zwar nicht erlaubt. Das ist die Konsequenz der Tatsache , dass sie ihre Interessen vom Monopol der KBV und der KVen vertreten lassen, die den Sicherstellungsauftrag haben. Es gibt freilich Alternativen: Selektivverträge. Und die könnten nach den jüngsten Gesetzesänderungen wieder attraktiver werden. Vielleicht würde das den Wettbewerb befeuern. Die Ärzte hätten es verdient.

Lesen Sie dazu auch: Honorar-Einigung: 800 Millionen Euro mehr für Ärzte

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Kommentare
Dr. Wolfgang Bensch 29.08.201422:24 Uhr

Wer vertritt die Interessen des "Freiberuflers Kassenarzt"?

Vielleicht sollte man diese Frage einmal erörtern, wenn hier der Vergleich zur Vereinigung Cockpit bei den Piloten gezogen wird.
In anderen geschlossenen Ärzteforen wird dieses Thema immer wieder diskutiert, wobei bedacht werden sollte, was unlängst ein Kollege schrieb:
"Cockpit" macht nicht auf "Ehrenamt" oder "low budget", der Verband arbeitet PROFESSIONELL, dort verstehen die Leute ihr Handwerk und werden dafür auch ordentlich bezahlt.
Die finanzielle Grundlage dafür bilden Mitgliedsbeiträge. 1% eines Piloteneinkommens gibt schätzungsweise etwa 1000 € Jahresbeitrag pro Mitglied. Damit lässt sich wirtschaften.
Welcher unserer Verbände hat Geld und einen "Apparat"...?
Mindestens die KBV(KVen)und die BÄK (Ärztekammern).
Also was hindert uns daran, einen PARADIGMENWECHSEL zu vollziehen und die Satzungen der KBV bzw. der Kammern darauf abzuklopfen, ob
wir sie in dem Sinne verändern, daß die Interessen der MITGLIEDER im Vordergrund stehen und nicht staatliche im Sinne einer allgemeinen Daseinsvorsorge."

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