Anlagen-Kolumne
Angst vor Aktien verstellt Blick auf Chancen
Gottfried Urban
Wir befinden uns im größten Anlagenotstand aller Zeiten. Im April erreichte auch die Umlaufrendite die Nulllinie. Die Umlaufrendite gibt den Jahresertrag aller deutschen Zinspapiere mit bester Bonität bis zur Fälligkeit an.
In den ersten Tagen im Mai stieg Umlaufrendite von Null wieder auf 0,4 Prozent Jahresrendite - der Zins, den Anleger nun wieder für erstklassige Anleihen mit durchschnittlich etwa acht Jahren Laufzeit bekommen.
Der Börsenpreis vieler Zinspapiere ist durch den Zinsrückgang der letzten Jahre weit über den Rückzahlungsbetrag gestiegen. Je länger die Restlaufzeit der Zinspapiere ist, desto stärker wirken Zinsänderungen auf die Kurse der Anleihen.
Für lange Laufzeiten bedeutete der plötzliche Zinsanstieg am Rentenmarkt herbe Kursverluste von fünf Prozent und mehr.
Rentenfonds im Blick
Kapitalsammelstellen mit Renten- und rentenlastigen Mischfonds sind oftmals stark in längeren Laufzeiten investiert, da dies dem Rentenindex entspricht. Zu den Zinseinnahmen kamen sehr hohe Kursgewinne dazu.
Anleger sind jetzt gut beraten, sich den Inhalt von Renten- und Mischfonds genauer zu betrachten. Die Vergangenheitsrenditen von Rentenfonds sind nicht wieder zu erwirtschaften. Ohne das Eingehen von Risiken gibt es keine Erträge mehr.
Die Erwartung, dass die Gewinne von Aktienunternehmen wieder fallen müssen oder die nächste Krise vor der Türe steht, lässt viele Privatanleger bei Aktien zögern. Dabei reicht es für ein Langfristinvestment, wenn die Gewinne von Unternehmen auf dem aktuellen Niveau verharren.
Sieben Prozent Rendite
Immerhin verdienen die Unternehmen in Euroland aktuell pro Jahr um die sieben Prozent auf das eingesetzte Kapital. Davon wird etwa die Hälfte an die Aktionäre ausbezahlt. Eine Gesetzmäßigkeit am Kapitalmarkt belegt, dass alle Dinge wieder zum langfristigen Durchschnitt zurückkehren.
Im langfristigen Schnitt wäre der Dax bei einer Umlaufrendite von drei Prozent fair bewertet. Bei einer Umlaufrendite von Null ist ein Dax von 17.000 Punkten gerechtfertigt.
Steigt der Zins am Rentenmarkt in drei Jahren wieder auf drei Prozent und berücksichtigt man bei Unternehmen bis 2018 eine gleichbleibende Gewinnentwicklung, dann sind 15.000 Dax Punkte in 2018 ein fairer Preis.
Leider verbringt der Kapitalmarkt nur wenig Zeit am Durchschnitt. Über- und Unterbewertungen können oft Jahre andauern. Eines ist aber sicher: Wir befinden uns in einer manipulierten Preisblase für Rentenpapiere und das sollte Anleger für Rentenfonds vorsichtig werden lassen.