Anleger flüchten aus offenen Immobilienfonds

Durch die Finanzkrise geraten offene Immobilienfonds unter Druck. Fünf der 25 Publikumsfonds wurden diese Woche eingefroren, weil zu viele Anleger ausgestiegen sind. Es könnte weitere Fonds treffen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:

Die durch die Finanzkrise ausgelöste Flucht der Anleger aus offenen Immobilienfonds nimmt panikartige Züge an. Bereits fünf der 25 Publikumsfonds wurden diese Woche eingefroren, nachdem durch Mittelabflüsse von hunderten Millionen Euro ihre Liquiditätsreserven aufgezehrt wurden. Damit sind rund 17 Milliarden Euro dem Zugriff der Sparer entzogen. Das entspricht rund 19 Prozent des gesamten Volumens aller offenen Fonds von rund 88 Milliarden Euro.

Es herrscht "unglaubliche Verunsicherung" am Markt

Experten erwarten, dass weitere Fonds schließen werden. "Es ist eine unglaubliche Verunsicherung am Markt", sagt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank. "Viele Sparer werden versuchen, bei ihren Fonds noch durch die Tür zu kommen, bevor diese Produkte ebenfalls eingefroren werden", sagt der unabhängige Fondsanalyst Stefan Loipfinger. Anleger könnten sich nicht auf die Bruttoliquiditätsangaben der Fondsgesellschaften verlassen, so Beatrix Boutonnet vom Branchendienst Fondstelegramm.de. "Dies zeigt das Beispiel Axa deutlich."

Der Versicherungskonzern hatte seinen Immoselect eingefroren, obwohl der Fonds eine Bruttoliquidität von 25 Prozent des Investmentvolumens aufwies. Von den noch vorhandenen 900 Millionen Euro des 3,6 Milliarden Euro schweren Fonds waren allerdings "600 Millionen Euro für Immobilienankäufe verplant", erklärt eine Axa-Sprecherin. "Wir mussten den Fonds zumachen, um sicherzustellen, dass ausreichende Mittel für die Bewirtschaftung der Immobilien vorhanden sind."

Gesperrt sind neben dem Axa-Fonds auch die beiden offenen KanAm-Fonds, der SEB Immoinvest und der Weltfonds von TMW Pramerica. Hart getroffen sind dadurch zahlreiche Ärzte in Rente. Die monatliche Auszahlungspläne dürfen von gesperrten Fonds nicht mehr bedient werden. Anleger, deren Fonds eingefroren sind, können Anteile über Regionalbörsen wie Berlin und Hamburg verkaufen. Dort werden die Stücke derzeit aber mit hohen Preisabschlägen gehandelt.

Ein offener Fonds muss eingefroren werden, wenn seine Liquiditätsquote die Marke von fünf Prozent unterschreitet. Es ist den Gesellschaften aber frei gestellt, einen Fonds bereits zuvor zu schließen. Nach den gesetzlichen Vorgaben kann ein Fonds bis zu zwei Jahre gesperrt bleiben. In den ersten drei Monaten darf das Management zur Liquiditätsgewinnung nur Immobilien zum Buchwert verkaufen. "Danach dürfen Objekte auch mit Verlust losgeschlagen werden", sagt Loipfinger. "Im schlimmsten Fall muss ein Fonds nach zwei Jahren komplett aufgelöst werden." Die Anleger erhalten dann nur ihren Anteil an den verbliebenen Gesellschaftswerten.

Fondsobjekte nur noch unter Buchwert veräußerbar?

"Wegen der Finanzkrise dürfte es den Fondsmanagern kaum gelingen, Objekte zum Buchwert zu veräußern", vermutet Loipfinger. Banken vergeben kaum noch Kredite für Immobilieninvestoren. Die Preise für Gewerbeimmobilien sind deshalb weltweit drastisch gefallen. "Im Finanzzentrum London werden Objekte mit Preisabschlägen von bis zu 40 Prozent gegenüber den Notierungen vor der Kapitalmarktkrise angeboten", berichtet Mark Wolter, Leiter des deutschen Immobilienfondsmanagements der Investmentgesellschaft Schroders. Die offenen Fonds sind in London stark investiert. Nach einer Studie des Branchenverbands BVI entfielen zur Jahresmitte 11,6 Prozent des Immobilienvermögens aller offenen Fonds auf britische Objekte.

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