Psychotherapeuten-Vergütung
Bundessozialgericht gibt Hinweise für Neuregelung des Strukturzuschlags
Wie könnte der Strukturzuschlag für Psychotherapeuten neu geregelt werden? Dafür hat das Bundessozialgericht jetzt mögliche Wege aufgezeigt.
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Strukturzuschlag quo vadis? Das Bundessozialgericht weist in zwei Richtungen.
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Kassel. Im Streit um die rückwirkende Auszahlung des Strukturzuschlags für Psychotherapeuten hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel nun die Leitplanken für eine Regelung durch den Bewertungsausschuss gezogen. Danach könnte der Zuschlag für die Quartale I/2012 bis IV/2015 in die Grundvergütung einfließen oder an die Gesamtauslastung durch alle psychotherapeutischen Leistungen gekoppelt sein. Vorteile werden sich daraus für viele Therapeuten möglicherweise nicht ergeben.
Den stark umstrittenen Strukturzuschlag hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss im September 2015 beschlossen – aber rückwirkend ab 2012. Er soll es den Therapeuten fiktiv ermöglichen, eine halbe Sprechstundenhilfe zu beschäftigen. Gezahlt wird der Zuschlag für Einzel- und Gruppentherapie, also nur für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen. Zudem ist er erst ab einer mehr als hälftigen Auslastung des Versorgungsauftrags gezahlt.
Koppelung an Auslastung ist möglich
Das BSG hatte dies 2017 gebilligt. Auf zwei von den Psychotherapeutenverbänden bvvp und DPtV unterstützten Verfassungsbeschwerden hin war 2023 auch das Bundesverfassungsgericht dem weitgehend gefolgt. In Bezug auf die gesetzten Anreize (Erbringung von genehmigungspflichtigen Leistungen sowie tatsächliche Erfüllung des Versorgungsauftrags), die rückwirkend naturgemäß keine Wirkung entfalten konnten, verwarf das Bundesverfassungsgericht aber die Regelungen für die Quartale I/2012 bis IV/2015. Der Erweiterte Bewertungsausschuss müsse eine Neuregelung treffen.
Hierzu urteilte nun der BSG-Vertragsarztsenat, dass nach den Karlsruher Vorgaben der Bewertungsausschuss den Zuschlag zwar weiterhin von der Auslastung abhängig machen darf, für den rückwirkenden Teil dann aber nur bezogen auf die Auslastung durch alle psychotherapeutischen Leistungen. Dabei könne laut Bundesverfassungsgericht der Zuschlag aber auch rückwirkend auf die genehmigungspflichtigen Leistungen begrenzt sein.
Gericht: 36 Stunden „voll“ sind zu wenig
Zulässig sei es daher, wenn „die bisher in Form der Strukturzuschläge berücksichtigten normativen Personalkosten vollständig in die Bewertung der Grundvergütung für die antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen einfließen“, erklärten die Kasseler Richter. Die rückwirkende Differenzierung nach dem Grad der Auslastung würde dann entfallen. Davon würden dann auch Therapeuten mit einer unterhälftigen Auslastung mit genehmigungspflichtigen Leistungen profitieren.
Zweiter Weg wäre es laut BSG, den Strukturzuschlag rückwirkend in Abhängigkeit von der Gesamtauslastung zu zahlen. Die Stundenzahl einer Vollauslastung müsse dann aber höher als die bislang zugrunde gelegten 36 Stunden sein. Denn schon nach bisheriger BSG-Rechtsprechung beziehe sich diese Grenze nur auf antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Sitzungen. Andere Leistungen, etwa probatorische Sitzungen und das Abfassen von Gutachten, seien davon noch nicht umfasst. Diese Variante könnte sich daher für viele Therapeuten als ein Nullsummenspiel erweisen. (mwo)