Pflege-Bahr

Das große Hadern

Der Pflege-Bahr hat sich noch nicht zum Vorsorgerenner gemausert. Von hundert Deutschen will nur einer so eine Police abschließen. Eine Umfrage zeigt, was die Gründe für das große Hadern sind.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Skeptischer Blick in Angebotsunterlagen zum Pflege-Bahr.

Skeptischer Blick in Angebotsunterlagen zum Pflege-Bahr.

© detailblick / fotolia.com

KÖLN. Die als Pflege-Bahr bezeichnete geförderte Pflegezusatzversicherung ist für viele noch eine große Unbekannte. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage haben 74 Prozent der 30- bis 60-Jährigen den Begriff noch nie gehört.

17 Prozent kennen ihn zwar, können inhaltlich damit aber nichts anfangen. Nur acht Prozent wissen, was gemeint ist.

Im Auftrag der Allianz Private Krankenversicherung (APKV) hatte das Marktforschungsinstitut "Produkt + Markt" im April 3000 in Deutschland lebende Personen online befragt.

Mehr als 30 Euro soll es nicht kosten

Dabei zeigt sich erneut, dass für die meisten der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung zurzeit kein Thema ist. Gerade einmal ein Prozent der Befragten gibt an, in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall eine solche Police abschließen zu wollen - egal ob gefördert oder ungefördert.

Fünf Prozent wollen voraussichtlich eine Pflege-Bahr-Police kaufen, acht Prozent allgemein eine Pflegezusatzversicherung. Am größten ist der Anteil derer, die noch unentschlossen sind: 37 Prozent beim Pflege-Bahr, 43 Prozent generell.

33 Prozent wollen voraussichtlich keine geförderte Pflegezusatzversicherung abschließen, 28 Prozent allgemein keine. Auf keinen Fall eine Pflege-Bahr-Police wollen 23 Prozent, 15 Prozent schließen den Abschluss irgendeiner Pflegezusatzversicherung kategorisch aus.

Bei denen, die grundsätzlich an einer solchen Police interessiert sind, liegt die Investitionsbereitschaft bei durchschnittlich 30 Euro im Monat.

Die Untersuchung zeigt mehrere Gründe für das Desinteresse an den Angeboten der Versicherer. 67 Prozent sagen "Man kann sich nicht gegen alles absichern", 56 Prozent "Im Moment spielen in meinem Leben andere Dinge eine wichtigere Rolle" und 32 Prozent "Statt nur an die Zukunft zu denken, lebe ich lieber im ‚Hier und Jetzt‘".

Problembewusstsein ist vorhanden

An der Unwissenheit darüber, was mit der Pflegebedürftigkeit verbunden ist, liegt die Zurückhaltung jedenfalls nicht. In der Befragung haben immerhin 37 Prozent angegeben, dass ihnen das Thema Pflege beziehungsweise Pflegevorsorge persönlich extrem wichtig ist, einem ebenso großen Anteil macht das Thema Angst.

Nur zwölf Prozent halten das Risiko für gering, dass sie selbst oder Angehörige einmal pflegebedürftig werden. Und gerade einmal zwei Prozent der 30- bis 60-Jährigen gehen davon aus, dass bei einer Pflegebedürftigkeit alle Kosten von der Pflegepflichtversicherung getragen werden.

Den meisten ist bewusst, dass entweder die Pflegebedürftigen selbst oder die Angehörigen die Finanzierungslücke füllen müssen.

"Unsere Studie zeigt, dass die Menschen in Deutschland eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, welche Belastungen im Pflegefall auf sie oder ihre Angehörigen zukommen können", sagt die Vorstandsvorsitzende der APKV Dr. Birgit König.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Private Krankenversicherung

PKV-Verband dementiert „Trend zur Kürzung“

PKV-Marktführer

Debeka rechnet nicht mit Kostenschub durch neue GOÄ

Leitartikel zu „geringwertigen“ medizinischen Leistungen

Ärzte zwischen Überversorgung und Versorgungsdruck

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 20.06.201315:58 Uhr

"Du bist das Pflaster für meine Pflege"

Gerade mal 1 % der Befragten will in den kommenden zwölf Monaten eine private Pflegezusatzversicherung (Pflege-Bahr) abschließen. Eine "Schöne, Neue private Pflegewelt", die sich die Versicherungswirtschaft und die Schwarz-Gelbe Koalition da zusammen gezimmert haben, bricht wie ein Kartenhaus zusammen. Und sollte doch eigentlich dem FDP-Wahlergebnis bei der Bundestagswahl im September 2013 aufhelfen.

Eine trügerische Illusion: Fünf Euro monatlich/60 Euro jährlich Staatszuschuss wären angesichts der aktuellen G e s e t z l i c h e n Pflegeversicherung in Abhängigkeit von Pflegestufe I-III mit monatlichen Höchstsätzen als geldwerte Leistungen von 450 EUR Stufe 1 / 1.100 EUR Stufe 2 / 1.550 EUR Stufe 3 bei D i r e k t zahlung ein "Tropfen auf den heißen Stein". Aber diese 5 Euro wandern auch noch umständlich als Zuschuss in eine z u s ä t z l i c h e private Pflegezusatzversicherung und finanzieren damit nur zum Teil Kontrahierungszwang und Verwaltungskosten der Versicherungskonzerne, b e v o r irgendeine Versicherungsleistung fließt. Und da die Pflegestufe III nur bei "sozialverträglichem Frühableben" gewährt wird, schließt sich der Kreis.

Der Versicherungsfall darf und soll möglichst nie eintreten, damit sich die Versicherungswirtschaft, neben Hotelgewerbe und Banken Lieblingsklientel der kleinen FDP, gesund stoßen kann. Und die privaten Zusatzpolicen, die jetzt schon ab 60 Euro pro Monat aufwärts beginnen, werden in den nächste Jahren noch massiv steigen. Trostpflaster für die Pflege!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Dorian Recker

© Stefan Durstewitz

Gegen Verschwendung

Warum ein Kardiologe Kunstwerke aus Müll macht

stiliserte, bunte Symbole für Patientenakten

© savittree / stock.adobe.com

Update

FAQ zur „ePA für alle“

Die elektronische Patientenakte kommt: Das sollten Sie jetzt wissen