Digitalisierung
Deutsche Kliniken noch überwiegend analog
Die deutschen Krankenhäuser hinken offenbar bei der Umstellung auf digitale Systeme gehörig hinterher. Deutschland liegt unterhalb des EU-Durchschnitts, zeigt der Krankenhaus-Report des WIdO.
Veröffentlicht:BERLIN. Deutsche Kliniken haben bei der Digitalisierung erheblichen Nachholbedarf. Das betrifft vor allem kleinere Häuser mit unter 200 Betten. Zu diesem Ergebnis kommt der Krankenhaus-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
In einem internationalen Vergleich erreichten deutsche Krankenhäuser im Jahr 2017 auf einer Digitalisierungsskala von 0 bis 7 im Durchschnitt lediglich den Wert 2,3. Damit lagen sie unter dem EU-Durchschnitt von 3,6 (siehe nachfolgende Grafik). Die kleineren Kliniken kamen auf einen Wert von 1,3.
Zur Einschätzung des Digitalisierungsgrades nutzten die Autoren des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen von der TU Berlin das „Electronic Medical Record Adoption Model“ (EMRAM). Hier können Krankenhäuser eine Stufe von 0 bis 7 erreichen.
Stufe 0 bedeute, dass kaum digital gearbeitet werde, Stufe 7 entspreche dagegen einem papierlosen Krankenhaus, so das WIdO. Für die Studie seien Daten von 167 Krankenhäusern ausgewertet worden, die nach dem EMRAM-Modell zertifiziert sind.
Das Ergebnis: Im Jahr 2017 erreichten 40 Prozent der Krankenhäuser lediglich die Stufe 0. Nur zwei Kliniken der Maximalversorgung erlangten die Stufe 6. Nicht ein einziges der 167 Krankenhäuser befand sich auf Stufe 7.
Zum Vergleich: In Dänemark befanden sich von den 24 in die Untersuchung einbezogenen Krankenhäuser 95,8 Prozent auf Stufe 5, die restlichen 4,2 Prozent lagen darüber.
Im europäischen Durchschnitt erreichten 11,4 Prozent der Häuser Stufe 0, 13,4 Prozent befanden sich auf Stufe 6 und 0,3 Prozent auf Stufe 7 (siehe nachfolgende Tabelle).
Mangelnde Innovationskultur
Für den Digitalisierungsrückstand in den deutschen Krankenhäusern macht WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber mehrere Ursachen aus. Unter anderem die mangelhafte Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer sowie eine mangelnde Innovationskultur in den Kliniken.
„Vollzieht man die aufgrund von Überkapazitäten und Qualitätsdefiziten zweifellos notwendige Strukturbereinigung, hätte dies auch positive Konsequenzen für den notwendigen Fortschritt bei der Digitalisierung. Digitale Systeme könnten dann deutlich leichter Einzug halten“, so Klauber.
Der AOK-Vorstandsvorsitzende Martin Litsch sieht einen weiteren Grund in der kleinteiligen deutschen Versorgungslandschaft. Der internationale Vergleich zeige, dass in stärker zentralisierten Klinikstrukturen der Digitalisierungsfortschritt deutlich größer ausfalle.
Klauber sieht in einer stärkeren Digitalisierung viele Vorteile. Durch veränderte interne Abläufe und institutionsübergreifende Prozesse könne zum Beispiel die Versorgungskette vereinfacht und wirtschaftlicher werden. „Zudem werden interne und externe Vernetzungen erleichtert und Informationsströme beschleunigt, was die Qualität in der Patientenversorgung verbessert“, sagt er.
Einer der Vorreiter bei der Digitalisierung ist laut WIdO-Krankenhausreport das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Hier werde zum Beispiel ein geschlossener Medikationsprozess umgesetzt.
Dadurch würden von der Verordnung bis zur Aushändigung von Medikamenten Übertragungs- und Kommunikationsfehler beziehungsweise Abgabefehler am Bett nahezu ausgeschlossen, heißt es.
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 28.03.2019 um 14:50 Uhr.