Tages- und Festgeld
Ein Rettungsring für Anleger?
Tages- und Festgeldanlagen bringen zurzeit zwar nur niedrige Zinsen. Der Realertrag ist jedoch höher, als viele Anleger vermuten. Denn die niedrige Inflation macht diese Anlageform wieder attraktiv - vielleicht sogar auf lange Sicht.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Tages- und Festgeldanlagen werfen derzeit zwar nur Mini-Renditen ab. Die effektiven Erträge sind jedoch größer als es den Anschein hat. Denn durch die niedrige Inflation erzielen Anleger real ähnlich hohe Nettogewinne wie früher.
2008 herrschten scheinbar paradiesische Zustände für konservative Anleger, die das Auf und Ab der Börse scheuen und ihr Kapital lieber zu einem festen Zins investieren.
In jenem Jahr, als im Spätherbst die Finanzkrise begann, warfen Tagesgeldanlagen nach Berechnungen des Finanzportals Biallo im Schnitt drei Prozent ab.
Sparer, die sich entschlossen, ihr Bares zwölf Monate lang als Festgeld anzulegen, kamen sogar auf vier Prozent.
Heute hingegen bieten Topanbieter wie die Autobank, die Renault Bank, ING-Diba oder die Südtiroler Sparkasse über ihre Münchner Niederlassung beim Tagesgeld nur noch Zinssätze von 1,1 bis 1,25 Prozent.
Beim Festgeld sind es zum Teil mehr als 1,9 Prozent, wenn das Kapital über mehrere Jahre angelegt wird.
Erster Blick täuscht
"Doch so negativ, wie es auf den ersten Blick scheint, hat sich die reale Ertragslage gar nicht verändert", sagt der Ökonom Günter Vornholz, Professor an der EBZ Business School in Bochum.
Denn in den vergangenen Jahren sind nicht nur die Zinsen massiv gesunken. "Auch die Inflationsrate ist kräftig gefallen", sagt Vornholz.
2008 ermittelte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden noch eine Teuerung von 2,6 Prozent. Im Dezember vergangenen Jahres waren es nur noch 0,2 Prozent.
"Die Teuerung schmälert den realen Zinsertrag aus Spareinlagen, weil sie zu steigenden Preisen für Waren und Dienstleistungen und damit zu einem Kaufkraftverlust führt", sagt Vornholz.
"Anleger erzielen deshalb immer nur dann einen realen Gewinn, wenn die Zinsen die Inflationsrate übersteigen."
Als 2008 die Inflationsrate bei 2,6 Prozent und der durchschnittliche Zinssatz für Tagesgeld bei drei Prozent lag, kamen Anleger so effektiv auf einen Realertrag von 0,4 Prozent.
Bei den gegenwärtigen Zinskonditionen und der Teuerung von nur noch 0,2 Prozent hingegen lassen sich mit Tagesgeldanlagen bis zu 1,05 Prozent, mit Festgeldanlagen sogar mehr als 1,7 Prozent erzielen.
Die Inflationsrate ist so stark gesunken, weil die Weltkonjunktur noch immer unter den Folgen der Finanzkrise leidet. In fast allen Euro-Staaten ist die Wirtschaft angeschlagen.
Auch in zahlreichen aufstrebenden Nationen in Lateinamerika, Afrika und Asien - selbst in der Volksrepublik China - stottert der Konjunkturmotor. Dadurch ist die Nachfrage nach Rohstoffen gesunken - und ebenso deren Preise.
"Der Ölpreis hat sich 2014 sogar halbiert", sagt Steen Jakobsen, Chefökonom der Saxo Bank. Die niedrigen Benzin- und Dieselpreise bescheren Verbrauchern einen realen Kaufkraftgewinn.
Zwar haben die meisten Notenbanken rund um den Globus ihre Leitzinsen massiv gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Bislang jedoch meist ohne großen Erfolg. Die Europäische Zentralbank will jetzt sogar massiv Staats- und Unternehmensanleihen aufkaufen, um die Konjunktur endlich wieder zu beleben.
EZB-Geldpolitik mit wenig Wirkung?
Etliche Experten bezweifeln jedoch, dass dies gelingen wird. Sie erwarten, dass die Inflationsraten noch tiefer sinken. "Die Verbraucherpreise in Europa werden 2015 weiter zurückgehen", sagt Markus Peters, Stratege bei der US-Investmentgesellschaft Alliance Bernstein.
"Im ersten Quartal dieses Jahres dürfte die Teuerung sogar im negativen Bereich liegen", sagt Karsten Junius, Chefvolkswirt der Privatbank J. Safra Sarasin.
Für das Gesamtjahr erwartet Junius eine Inflationsrate von lediglich 0,2 Prozent. Treffen die Prognosen zu, wären Tages- und Festgeldanlagen, die eine Rendite von etwas mehr als einem Prozent abwerfen, am Ende gar kein schlechtes Investment für konservative Anleger.