Landärzte

Ein Schiffsarzt als Praxismakler

Ausgerechnet ein Schiffsarzt vermittelt Landarztpraxen: Die im vergangenen Jahr gestartete Landarztbörse von Privatdozent Christian Ottomann hat bereits zu ersten Praxisübernahmen geführt.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Alles klar Schiff? Privatdozent Christian Ottomann in seiner maritimen Praxis an Bord.

Alles klar Schiff? Privatdozent Christian Ottomann in seiner maritimen Praxis an Bord.

© privat

BERLIN/LÜBECK. Als Schiffsarzt verbringt Privatdozent Christian Ottomann viel Zeit auf dem Wasser und ist auf den Weltmeeren unterwegs. Er ist selbst als Arzt auf Schiffen tätig, bildet Kollegen fort und vermittelt sie an Reedereien. Er schöpft dabei aus einem Pool von 1800 Kollegen, die an entsprechenden Tätigkeiten interessiert sind.

Dennoch interessieren den in Berlin und Lübeck lebenden Arzt auch das Landarztleben und die Probleme, die viele seiner Kollegen bei der Praxisabgabe haben. Wegen seines Netzwerkes wurde er in der Vergangenheit mehrfach angesprochen, ob er nicht einen interessierten Kollegen für eine Landarztpraxis kenne.

Im vergangenen Jahr hat Ottomann deshalb neben seiner schiffsärztlichen Tätigkeit auch eine Landarztbörse ins Leben gerufen, die praxisabgebende und -suchende Ärzte kostenlos zusammenführt. Die ausschließlich online funktionierende Börse finanziert er über eine optionale Vermittlung von Serviceangeboten an Drittanbieter, etwa Wertgutachten für Praxisverkäufer oder Niederlassungsberatungen und Standortanalysen für Käufer.

Börse am Praxisdeal nicht beteiligt

Wie viele Praxen über die Börse inzwischen neu besetzt wurden, ist nicht zu ermitteln, weil die Börse an der eigentlichen Übergabe nicht beteiligt ist. Ottomann schätzt die Zahl aufgrund von Löschungen vermittelter Praxen auf rund 50.

Aktuell haben über 300 Ärzte ihre Praxen mit detaillierten Beschreibungen für potenzielle Nachfolger eingestellt. Die Verkäufer können ihre Praxis in einer Basisinformation ausführlich beschreiben, unter dem Stichwort Immobilie die wichtigsten Daten zur Praxis einstellen und unter den Stichworten Räume, Inventar und Personal weiter konkretisieren.

Diese Angaben sind für jeden einsehbar. Daten zur medizinischen Infrastruktur der Region mit angrenzenden Praxen und zu Umsatz, Patientenzahl und Kosten der abzugebenden Praxis sind dagegen nur für Ärzte, die sich registrieren lassen, zu lesen. Interessierte Ärzte können sich aus den Angaben des Praxisverkäufers ein Exposé zusammenstellen und mit anderen Praxen vergleichen.

Regionale Schwerpunkte sind bislang Baden-Württemberg und Bayern, wenige Angebote kommen dagegen ausgerechnet aus den östlichen Bundesländern, wo es vergleichsweise viele Ärzte gibt, die einen Nachfolger suchen.

Ottomann vermutet, dass viele Kollegen in diesen Bundesländern eher die traditionellen Wege einschlagen und sich langsamer für Internetangebote öffnen. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass viele Praxen in den neuen Bundesländern noch ohne Praxiswebsite sind.

Welche Preise für die vermittelten Praxen gezahlt werden, ist Ottomann nicht bekannt. Wohl aber, dass für die Mehrzahl der Interessenten heute nicht mehr die Scheinzahl einer Praxis im Vordergrund steht, sondern der Standort. "Schlaue Praxisgründer lassen inzwischen ein Geomarketing und eine Standortanalyse der anvisierten Praxis durchführen", sagt Ottomann. Davon profitiert die Börse, weil diese Angebote zu den Provisionen führen, über die sich die Börse finanziert.

Standortanalyse oft nachgefragt

Die Kosten für solche Analysen sind in der Regel vierstellig, die sich nach Ottomanns Auffassung aber schnell amortisieren. "Ein späterer Praxisumzug in eine besser frequentierte Adresse ist wesentlich teurer", sagt er. Außerdem könne mit Hilfe einer solchen Analyse unter Umständen der Praxiskaufpreis in manchem Fall gesenkt werden.

Eine weitere Erfahrung des Börsengründers: Die interessierten Ärzte legen zunehmend Wert auf das Gesamtkonzept einer abzugebenden Arztpraxis. Angaben zu medizinischen Schwerpunkten sind genauso selbstverständlich wie ein einheitliches Marketingkonzept, die Infrastruktur der Region und die WorkLife-Balance.

Hohe Ansprüche der Interessenten

Dass nicht jede Praxis einen Nachfolger findet, wundert ihn angesichts dieser Ansprüche der Interessenten nicht. "Man muss sich wundern, wie verstaubt viele abzugebende Arztpraxen sind. Hier herrscht noch der Geist vergangener Dekaden", sagt Ottomann.

Dies macht er nicht nur an der Ausstattung, sondern auch an der Haltung fest - viele abgebende Ärzte erwarteten, dass die Patienten von alleine kommen und kümmerten sich nicht um ein Praxiskonzept. Das ausbleibende Interesse wird dann nach seiner Beobachtung oft fälschlicherweise auf die Lage auf dem Land geschoben.

Ottomann selbst wird trotz seines Interesses für die Landärzte keiner werden, sondern dem Wasser treu bleiben, so seine Prognose.

Infos für interessierte Ärzte:

www.landarztboerse.de

Ihr Newsletter zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!