Hintergrund

Fall Bach: War es Heimtücke und deshalb Mord?

Die Vorwürfe wiegen schwer: Mit hohen Arzneidosen soll sie schwerkranke Patienten umgebracht haben. Seit Oktober 2009 muss sich die Internistin Dr. Mechthild Bach aus Hannover deswegen vor Gericht verantworten. Nun hat der Prozess eine dramatische Wende vollzogen.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Internistin Bach Anfang der Woche: Das Gericht prüft nun den Tatverdacht des Mords. © dpa

Internistin Bach Anfang der Woche: Das Gericht prüft nun den Tatverdacht des Mords. © dpa

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Im Fall der des Totschlages angeklagten Internistin Mechthild Bach gibt es eine dramatische Zuspitzung.

Das Gericht hat in einer vorläufigen Einschätzung nach dem 50. Verhandlungstag dargelegt, dass in zwei der zu verhandelnden 13 ungeklärten Todesfälle von Bachs Patienten auch eine Verurteilung der Ärztin wegen Mordes in Betracht komme.

Bachs Anwalt Matthias Waldraff aus Hannover sagte zur "Ärzte Zeitung": "Die 20-minütige Stellungnahme des Gerichts war schlicht brutal. Sie gibt in keiner Weise den Prozessverlauf wieder."

Seit Oktober 2009 verhandelt das Schwurgericht Hannover gegen die heute 61-jährige Internistin Dr. Mechthild Bach (wir berichteten).

Ihr wird vorgeworfen, in der Belegklinik Hannover-Langenhagen in den Jahren 2001 bis 2003 insgesamt 13 ihrer Patienten durch überhöhte Gaben von Morphium und/oder Diazepam getötet zu haben. Mit der neuen Einschätzung des Gerichtes droht der Ärztin lebenslange Haft.

Seit Beginn des Prozesses im Oktober 2009 wird die Verhandlung von einem kontrovers geführten Streit der Gutachter Michael Zenz und Raphael Dudziak begleitet, die Bachs Unterlagen vollkommen gegensätzlich bewerten - Zenz im Sinne der Anklage, Dudziak im Sinne der Verteidigung.

"Bisher wurden 6 der 13 Fälle verhandelt", so Staatsanwältin Kathrin Söfker. In allen sechs Fällen habe das Gericht befunden, "dass die Patienten keines natürlichen Todes gestorben seien, sondern ihr Tod auf das Handeln der Angeklagten zurückzuführen sei", so Söfker.

Bei zwei der sechs gestorbenen Patienten müsse sogar "geprüft werden, ob nicht auch das Mordmerkmal der Heimtücke vorliegt", hatte der Kammervorsitzende des Gerichtes Wolfgang Rosenbusch gesagt.

Dies könne eine Verurteilung wegen Mordes nach sich ziehen, so Söfker. Zwei Patienten seien vor der Arzneigabe bei vollem Bewusstsein gewesen.

Bach habe offenbar nicht das Gespräch mit den Patienten über das weitere Vorgehen gesucht, sondern habe von sich die tödlichen Medikamente verabreicht.

"Dies könnte als Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit zur Tötung der Patienten gewertet werden", so Söfker.

Der Prozess könnte mit der plötzlichen Wendung schneller zu Ende gehen als gedacht. Denn die Staatsanwaltschaft kann in Erwartung einer Verurteilung wegen Mordes beantragen, die Verhandlung über die sieben übrigen Todesfälle einzustellen.

Bachs Anwalt Matthias Waldraff zeigte sich indessen bestürzt über die Einschätzung des Gerichtes. "Der Prozessverlauf hat keinen Anhaltspunkt für eine derartige Beurteilung gegeben", sagte Waldraff zur "Ärzte Zeitung".

Die Stellungnahmen Bachs seien in der Einschätzung des Gerichtes mit keinem Wort erwähnt worden. Bach und ihr Anwalt hatten stets betont, dass die Internistin ihre Patienten lediglich schmerzlindernd beim Sterben begleitet habe, keineswegs aber den Tod ihrer Patienten gewollt oder herbeigeführt habe.

Noch immer stehen die Einschätzungen der beiden Gutachter gegeneinander. "Die Positionen sind extrem verhärtet, die Auseinandersetzung hat sich weiter verschärft", erklärte Waldraff die Situation.

Laut Palliativmediziner Michael Zenz aus Bochum habe sehr wahrscheinlich hoch dosiertes Morphium und Valium, die Bach ihren Patienten verabreicht hat, zum Tod der Kranken geführt.

Der Gutachter der Verteidigung, Rafael Dudziak, dagegen bemängelt lediglich die schlechte Dokumentation in den Krankenunterlagen und verweist im Übrigen auf die palliativmedizinische Behandlung.

Waldraff hatte Zenz stets als "hochgradig befangen" abgelehnt, ebenso wie den später vom Gericht hinzugezogenen Niedersächsischen MDK-Prüfarzt Manfred Schwartau.

Schwartau habe Zenz "in allen Fällen zugestimmt und befunden, dass die Patienten nicht an ihrer Grunderkrankung gestorben sind, sondern an Bachs Medikamentengabe", erläuterte Staatsanwältin Söfker.

"Die Gutachter sind in unseren Augen befangen", resümierte Waldraff, "wir teilen die rechtlichen und tatsächlichen Auffassungen nicht. Die Stellungnahmen von Herrn Zenz und Herrn Schwartau zeigen eine einseitige Begutachtung zum persönlichen Nachteil meiner Mandantin."

Die Befangenheitsanträge Waldraffs gegen Zenz und Schwartau wurden gleichwohl vom Gericht zurückgewiesen. "Wir werden jetzt prüfen, wie wir prozessual und mit welchen Anträgen reagieren werden", erklärte Waldraff. Der Prozess wird am 7. Februar fortgesetzt.

Der Prozess vor dem Schwurgericht Hannover ist bereits der zweite gegen Bach. Ein erster ist an der Befangenheit des Richters, beziehungsweise der schweren Erkrankung eines anderen Richters gescheitert.

2003 war der MDK Niedersachsen bei einer Routinekontrolle auf die Krankenakten der Patienten gestoßen und die darin verzeichneten hohen Morphingaben. Die Kasse erstattete daraufhin Anzeige.

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