Beispiel Energiebranche

Fehlzeiten durch Burn-out werden zum Problem

Mit psychischen Belastungen im Job und daraus resultierenden Fehlzeiten sind Firmen aller Branchen konfrontiert. Personalmanager aus der Energiewirtschaft haben nun 16 mögliche Auslöser für Burn-out und Co. genauer unter die Lupe genommen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Ausgebrannt? In der Energiebranche steigt nach Ansicht von Personalverantwortlichen die Zahl der Burn-out-Fälle unter Mitarbeitern.

Ausgebrannt? In der Energiebranche steigt nach Ansicht von Personalverantwortlichen die Zahl der Burn-out-Fälle unter Mitarbeitern.

© VRD / fotolia.com

BONN. Mit 40 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen stehen psychische Erkrankungen nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) auf Platz zwei bei den Krankschreibungen in Deutschland.

 Bei der Ursachenforschung für die Auslöser der psychischen Erkrankungen im Job gibt es viele Ansätze.

Nun hat die auf Personalberatung spezialisierte BWA Akademie für die Energiewirtschaft 16 mögliche Auslöser für psychische Belastungen am Arbeitsplatz unter die Lupe genommen.

Für ihren aktuellen Trendreport "Arbeitsmarkt und berufliche Herausforderungen 2015 in der deutschen Energiewirtschaft", der der "Ärzte Zeitung" vorliegt, sind 100 Personalmanager aus der Branche befragt worden.

Die Studie fokussierte dabei nach Unternehmensangaben Stadtwerke, Energieversorger sowie den Bereich Infrastruktur/Netze.

Knackpunkt Arbeitszeit

90 Prozent der befragten Personalverantwortlichen in der deutschen Energiewirtschaft sehen wechselnde oder lange Arbeitszeiten als Hauptursache für psychische Belastungen am Arbeitsplatz an. Knapp dahinter folgt mit 88 Prozent der Faktor Zeitdruck.

Platz drei teilen sich Lärm, Beleuchtung oder Gefahrstoffe mit Überlastung durch Personalwegfall, der bei der Personalplanung zu wenig oder gar nicht berücksichtigt werde (jeweils 85 Prozent).

Häufige Störungen und Unterbrechungen der Arbeit können die Psyche des Arbeitnehmers ebenfalls belasten, fanden 80 Prozent der Befragten - ebenso wie keine oder nur geringe Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kollegen (79 Prozent).

"Die fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft verstärken den Trend hin zu flexibleren Arbeitsformen. Dies führt oftmals zu einer Beeinträchtigung der Work-Life-Balance", betont BWA-Geschäftsführer Harald Müller.

Weitere Gründe für psychische Belastungen sind laut der Befragung auch Mobbing (73 Prozent), umfangreiche Überstunden sowie Arbeit auf Abruf (je 72 Prozent), ein unzureichendes Pausenregime (71 Prozent) sowie eine hohe Arbeitsintensität (70 Prozent).

Hoher finanzieller Schaden

Den finanziellen Schaden, den die Branche jedes Jahr durch psychisch bedingte Fehlzeiten erleidet, schätzen die meisten Befragten (55 Prozent) auf 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro.

Wie die Branche mit der Herausforderung Burn-out und Co umgeht, mutet diffus an. So stimmten zwar 81 Prozent der Personalmanager der Aussage zu, dass die Anzahl psychisch bedingter Krankheiten bei Arbeitnehmern in der deutschen Energiewirtschaft in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist.

Auch bejahten 68 Prozent die Frage, ob der Kampf gegen Burn-out und sonstige psychische Erkrankungen für Energieunternehmen in den nächsten Jahren eine der größten Herausforderungen darstellt.

Aber nur 26 Prozent stimmten der Aussage zu, die Unternehmen hätten die Notwendigkeit erkannt, gegen die anhaltende Entwicklung hin zu mehr psychisch bedingten Krankheitstagen zu agieren, 31 Prozent stimmten eher zu, 43 Prozent gar nicht.

Paragraf 5 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Unternehmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz auch die psychischen Belastungen zu erfassen. 46 Prozent der Studienteilnehmer verneinten indes die Frage, ob sich die Unternehmen ihrer Branche dieser Tatsache bewusst seien. 28 Prozent stimmten teilweise zu, 26 Prozent ganz.

Hausärzte als Anlaufstelle

Bekommen die Unternehmen der Energiewirtschaft die oben genannten Herausforderungen nicht in den Griff - zum Beispiel, weil sie über kein oder nur ein wenig effektives Betriebliches Gesundheitsmanagement verfügen -, so könnten sich gefährdete Mitarbeiter auch an Hausärzte wenden.

Denn diese sind für viele Betroffene nach Ansicht der DGPPN die erste und wichtigste Anlaufstelle. "Hausärzten kommt in der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen eine zentrale Rolle zu.

Sie sehen die Patienten sehr oft als erstes, stellen die Diagnose, leiten die Therapien ein und entscheiden über eine Überweisung an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder an eine psychiatrische Klinik", so DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.

Welche Entwicklung die durch psychische Belastungen verursachten Fehlzeiten nehmen wird, ist unklar. Für 2013 verzeichnete die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) - basierend auf den Daten von fast 85 Prozent aller Kassenpatienten - einen leichten Rückgang auf 13,4 Prozent aller betrieblichen Fehltage, die auf psychische Erkrankungen zurückzuführen sind.

2012 hat dieser Wert noch bei 13,7 Prozent gelegen, wie aus der "BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit 2015" hervorgeht. Darin steht aber auch, dass 2014 bei der TK die Zahl psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeitstage wieder gestiegen sei.

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