Woldegk am Ziel
Gesundheitshaus als Ärztemagnet
Die Suche nach jungen Ärzten ist auch für Gemeinden auf dem platten Land nicht hoffnungslos. Das zeigt das Beispiel Woldegk, wo bis vor Kurzem verzweifelt Ärzte gesucht wurden.
Veröffentlicht:WOLDEGK. Wenn schon Niederlassung, dann mit einem individuellen Konzept in Einzelpraxis. So dachte Silke Bremer während ihrer Zeit als angestellte Ärztin im Krankenhaus Altentreptow. Dass es in ihrem Heimatort Woldegk eine Alternative dazugeben könnte, erfuhr sie durch ihren Bürgermeister Dr. Ernst-Jürgen Lode.
Der sprach sie auf eine mögliche Niederlassung im Gesundheitshaus Woldegk an. Die Internistin mit hausärztlicher Ausrichtung sagte zu - und ist heute eine von drei Ärzten, die ganztägig Patienten im Gesundheitshaus behandeln.
"Ich bin froh über diese Entscheidung", sagt die 48-Jährige heute. Seit ersten Oktober ist sie niedergelassen in dem Ort, für den der Bürgermeister seit Jahren nach einer Lösung gesucht und lange für das Gesundheitshaus gekämpft hatte.
Die "Ärzte Zeitung" hatte die Bemühungen Woldegks über einen langen Zeitraum mit Berichten begleitet. Inzwischen läuft der Patientenbetrieb im Gesundheitshaus.
Aufbruch zu neuen Ufern
Nicht nur Bremer hat sich eingerichtet. Auf der anderen Seite des Flurs praktiziert ihre Kollegin Dr. Elisabeth Maihoff. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin war schon 25 Jahre im Saarland niedergelassen und suchte nach einer neuen Herausforderung in einer anderen Region. Ihre Wahl fiel auf Mecklenburg-Vorpommern.
Ihre Anfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Schwerin ergab, dass der Bedarf in der Region um Woldegk groß war - daraufhin informierte sie sich über das Modell des Gesundheitshauses und eröffnete dort ihre Praxis.
Der Patientenandrang war zum Start zwar zunächst gemächlich, wird sich nach ihrer Überzeugung aber weiter positiv entwickeln.
Bis zur Eröffnung des Gesundheitshauses im Sommer praktizierten in Woldegk wie berichtet vier Hausärzte, von denen zwei im Rentenalter sind und ein weiterer schon die 60 überschritten hat. Die einzige Hausärztin unter 50 Jahren befürchtete, mittelfristig überlaufen zu werden.
Einige Praxen verhängten einen Patientenaufnahmestopp, viele Woldegker mussten für Arztbesuche in entfernte größere Orte wie Neubrandenburg fahren. Außerdem gab es zwei Fachärztinnen im Ort, von denen die Augenärztin ebenfalls das Rentenalter erreicht hatte und nur noch praktizierte, weil noch kein Nachfolger gefunden war.
Für die Augenärztin in Woldegk hat das Gesundheitshaus einen Nachfolger gebracht: Dr. Andreas Wehner hat zuvor als angestellter Arzt in einer Berliner Klinik gearbeitet und ist täglich von seinem Wohnort Neustrelitz aus gependelt.
Der Weg zur Arbeit ist für ihn jetzt deutlich kürzer. Er hat Woldegk für seine Niederlassung ausgewählt, weil die abgebende Ärztin den Verbleib der Zulassung am Ort ausdrücklich gewünscht hatte.
Patienten standen bis auf die Straße
Wie begründet dieser Wunsch war, zeigte sich Wehner gleich am ersten Tag seiner Sprechstunde am ersten Oktober. "Die Patienten standen bis auf die Straße", berichtet er von dem großen Andrang. Sein Terminkalender war schon im Oktober bis in den März hinein gefüllt.
Er rechnet mit mehr als 1500 Patienten im Quartal. Vom gemeinsamen Arbeiten unter einem Dach erwartet der Augenarzt vor allem geringere Kosten, als wenn er eine Praxis separat aufgebaut hätte.
Zusammen beschäftigen die drei Ärzte vier MFA, von denen jeweils eine Mitarbeiterin für jede Praxis zuständig ist und eine demnächst übergreifend angestellt werden soll. Die Zusammenarbeit in der Praxisgemeinschaft bezeichnen die Ärzte als gut.
Die Kosten für das Gesundheitshaus insgesamt betrugen 1,2 Millionen Euro, davon drei Viertel aus Fördermitteln. Dieses Geld sieht der Bürgermeister gut angelegt. Er ist nach dem Start überzeugt, die richtige Lösung für seine Kommune (rund 4000 Einwohner plus Umland) gefunden zu haben. "Wenn wir Grundzentrum bleiben wollen, gehört die medizinische Versorgung einfach dazu."
Lode hatte, wie berichtet, früher als viele Kollegen in der Kommunalpolitik schon vor Jahren verstanden, dass die ärztliche Versorgung im Ort nur aufrecht erhalten werden kann, wenn die Kommune selbst Lösungen anbietet.
Seine Lösung war das Gesundheitshaus: Die Infrastruktur wird von der Kommune bereitgestellt, Fördermittel eingeworben und interessierten Ärzten freigestellt, in welcher Form sie unter einem Dach zusammenarbeiten wollen. (di)