Wettbewerbszentrale
In der (Corona-)Krise blüht das falsche Versprechen auf
Die Gesundheitswirtschaft stellt von allen Branchen das größte Beschwerdeaufkommen in Sachen Wettbewerbsrecht. Daran hat sich auch zuletzt nichts geändert.
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Fakt oder Fake: Die Gesundheitswirtschaft war letztes Jahr erneut die Branche, die laut Wettbewerbszentrale das größte Beschwerdeaufkommen hatte.
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Bad Homburg. Die Corona-Krise ist aufs Jahr gesehen noch jung, gleichwohl auch im Tagesgeschäft der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs schon angekommen. Und wie zu erwarten, springen den Wettbewerbshütern zu allererst irreführende Produkt- und Therapieversprechen ins Auge.
„In den letzten Tagen und Wochen sehen wir leider einige Anbieter, die mit Bezug auf die Corona-Krise werben und hierbei klar gegen geltendes Recht verstoßen, sodass die Wettbewerbszentrale einschreiten musste“, berichtet Geschäftsführer Dr. Reiner Münker. Beispielhaft nennt Münker „vollmundigen Aussagen“ wie die eines Unternehmens, das mit dem Slogan „Wie wir uns mit Vitalpilzen schützen können!“ seine Ware anpreist. Ein Anderer verspreche leichthin „Lutschpastillen gegen Viren“. Aber auch die von einem Heilpraktiker offerierten „Tipps und Mittel gegen Viren, die auch funktionieren“, stellten eine Irreführung der Verbraucher dar.
Nicht weniger dreist mutet eine Zeitungsanzeige für ein Lebensmittel an, das lediglich mit Vitamin-C angereichert ist. Zum Bild einer Frau, die Atemschutzmaske trägt, der Claim: „Schützen Sie ihren Körper jetzt!“ sowie der Hinweis „Vor multiresistenten Bakterien und internationalen Viren schützt Sie ein optimales Immunsystem“. Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale werde insbesondere mit der Formulierung von den „internationalen“ Viren suggeriert, das simple Lebensmittel könne selbst eine Corona-Infektion verhindern. Allein seit vorigem Donnerstag, so Rechtsanwältin Christiane Köber, die in Bad Homburg für Gesundheitswirtschaft zuständig ist, habe sie in ihrem Ressort 20 Anfragen und Beschwerden nur zur Coronathematik erhalten. „Und ich bin sicher, das ist nur die Spitze des Eisbergs.“
2019 hat die Zentrale nach eigenen Angaben knapp 10 .000 Anfragen und Beschwerden wegen – tatsächlich oder vermeintlich – unlauterer Marketingpraktiken erhalten. 2193 Mal sei man mit förmlichen Untersagungsverfahren gegen Wettbewerbsverstöße vorgegangen. Überwiegend seien daraufhin Unterlassungserklärungen abgegeben worden. Dennoch: Über 500 Streitigkeiten mussten vor Gericht ausgefochten werden. Von den 267 im vorigen Jahr erledigten Verfahren habe die Wettbewerbszentrale 90 Prozent gewonnen, heißt es. Wie bereits im Vorjahr war auch 2019 die Gesundheitswirtschaft (Ärzte, Apotheker, Kassen, Pharmaindustrie, Gesundheitshandwerk mit 1054 (2018: 1084) Fällen die Branche, die das größte Beschwerdeaufkommen stellte.