Versorgungsalltag
Umfrage unter Ärzten: Künstliche Intelligenz könnte die Diagnostik erleichtern
Ärzte der verschiedensten Fachdisziplinen in Praxis und Klinik zeigen sich offen für den Einsatz innovativer Techniken, wie der Künstlichen Intelligenz, im Umgang mit Patienten. Klagen äußern sie trotzdem.
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Die nimmermüde KI kann Ärzten als Unterstützer vor allem bei der Diagnostik zur Seite stehen, wie die Kollegen in Praxis und Klinik hoffen.
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Leverkusen. Obwohl auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Systemlösungen im medizinischen Versorgungsalltag noch wenig vertreten sind, setzen Deutschlands Ärzte in Klinik und Praxis große Hoffnung in solche assistiven Tools. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten, nicht-repräsentativen, aber aussagekräftigen Online-Umfrage des Deutschen Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Auftrag von Bayer hervor.
Von den 336 Teilnehmern waren 68,5 Prozent nach eigener Aussage fach- und 31,5 Prozent hausärztlich tätig. Mit 31,0 Prozent ist die relative Mehrheit der Teilnehmenden in einer Klinik beschäftigt. Einzelpraxen sind mit 15,5 Prozent dagegen unterrepräsentiert.
Diagnosestellung und Verwaltung durch KI unterstützt
Mit 50,9 Prozent der Umfrageteilnehmer sieht die Mehrheit der Ärzte den größten Mehrwert der KI im Versorgungsalltag beim Einsatz in der Diagnostik – Radiologen in den Niederlanden setzen schon vermehrt in der onkologischen Diagnostik auf assistive KI-Systeme beim ermüdenden Sichten Tausender Bilder.
26,2 Prozent sehen Potenzial für die Praxisverwaltung, 9,8 Prozent bei der Patientenbetreuung. Allerdings gaben 71,4 Prozent der befragten Ärzte an, in ihrer Einrichtung noch nicht über irgendeine KI-Lösung für den medizinischen Versorgungsalltag zu verfügen. Mit 14,6 Prozent führen dann KI-gestützte Diagnose-Software-Lösungen, gefolgt von 12,2 Prozent Tools, die die generative KI, wie zum Beispiel ChatGPT, nutzen, gefolgt von 8,3 Prozent 3D-/VR-Modellen. Das Schlusslicht bilden Metaverse-Applikationen mit 1,2 Prozent.
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Gefragt danach, welche KI-Systeme sie selbst künftig nutzen möchten, nannten die Ärzte mit 59,2 Prozent am Häufigsten die Diagnosesoftware, gefolgt von generativer KI mit 28,3 Prozent und 3D-/VR-Modelle (21,7 Prozent). Die rote Laterne geht auch hier an Metaverse-Applikationen mit 6,5 Prozent. Erstaunlich: 25,6 Prozent der Ärzte wollen künftig bewusst auf den KI-Einsatz in ihrem Versorgungsalltag verzichten.
Da KI eine innovative Technologie ist, schafft die Umfrage auch einen Nexus zu innovativen Therapieformen. Konkret geht es um neue Zell- und Gentherapien, die Erfolge zum Beispiel im Kampf gegen Krebs versprechen. Doch die Technologie steht noch am Anfang: Während gut vier Prozent der Befragten sich selbst bereits als Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet bezeichnen, hat mehr als die Hälfte davon bislang nur etwas gehört, gut ein Drittel verfügt über fundiertes Basiswissen. Fast die Hälfte befürwortet hier Investitionen, um die Versorgung von Patienten zu verbessern. Der Anteil der Skeptiker liegt nur bei etwa einem Viertel, während sich 4,8 Prozent noch keine Meinung gebildet haben.
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Innovations-Hemmschuh ist die Digitalisierung
Trotz aller Begeisterung für innovative Therapien und assistive KI-Systemlösungen beklagen viele Ärzte Digitalisierungsdefizite in ihrer Klinik oder Praxis. Um diesen Innovations-Hemmschuh loszuwerden, sind offensichtlich vor allem praktische Hilfe, Übersichten und IT-Schulungen gefragt, damit die digitale Transformation des Medizinwesens vorankommt. 61,6 Prozent wünschen sich Hilfe bei der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI). Nur 8,6 Prozent trauen sich die Digitalisierung in Eigenregie zu.
In großer Zurückhaltung üben sich die befragten Ärzte noch in puncto Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA). 72,6 Prozent gaben an, noch keine dieser zertifizierten Apps auf Kasse rezeptiert zu haben. 19,9 Prozent geben an, bisher maximal 15 DiGA-Rezepte ausgestellt zu haben – seit 15. Oktober 2020 stehen im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zertifizierte Apps zur Verordnung bereit. Nur 4,5 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, bis dato jeweils mehr als 15 DiGA-Rezepte für ihre Patienten ausgestellt zu haben.