Oberlandesgerichtsurteil
Kein Schmerzensgeld für Corona-Quarantäne
Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung in einer Corona-Quarantäne? Das Oberlandesgericht Oldenburg winkt ab.
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Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Doch nicht jeder will oder kann sich so leicht mit einer Quarantäneanordnung abfinden.
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Oldenburg. Nach einer coronabedingten Quarantäne-Anordnung durch das Gesundheitsamt können Betroffene kein Schmerzensgeld verlangen.
Amtshaftungsansprüche scheiden bei Infizierten und auch bei Kontaktpersonen aus, wie jetzt das Oberlandesgericht Oldenburg entschied. Die Quarantäne sei keine strafende „Freiheitsentziehung“, sondern lediglich eine „Freiheitsbeschränkung“ zum Schutz der Allgemeinheit.
Im ersten Fall hatte eine vierköpfige Familie aus dem Landkreis Vechta geklagt. Nachdem eine Arbeitskollegin der Mutter positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden war, hatte das Gesundheitsamt zunächst für sie eine Quarantäne angeordnet. Nach einem positiven Test auch der Mutter weitete die Behörde die Quarantäne auf den Vater und die beiden Kinder aus.
Gericht: Quarantäne war verhältnismäßig
Die Familie sah dies nicht ein und forderte Schadenersatz. Die angewandten PCR-Tests seien für die Feststellung einer Corona-Infektion ungeeignet. Die Mutter habe keine Symptome gehabt. Für die Quarantäneanordnung habe es keine gültige rechtliche Grundlage gegeben. Die Isolierung habe aber zu sozialen Einschränkungen und psychischen Belastungen geführt.
Wie schon das Landgericht wies nun auch das OLG die Klage ab. Angesichts der Gefährlichkeit der Corona-Infektion und der Risiken ihrer weiteren Verbreitung seien die Quarantäne-Anordnungen insgesamt verhältnismäßig.
Im zweiten Fall hatte das Gesundheitsamt eine Lehrerin – ebenfalls aus dem Landkreis Vechta – nach Kontakt mit einer infizierten Schülerin in Quarantäne geschickt. Obwohl ein erster PCR-Test der Lehrerin negativ war, sei wegen der längeren Inkubationszeit einer COVID-19-Erkrankung auch dies gerechtfertigt und rechtmäßig gewesen, so das OLG.
„Geringfügiges Opfer“
In beiden Fällen betonten die Richter, dass es sich bei einer Quarantäneanordnung nicht um eine „Freiheitsentziehung“ und damit eine Strafe, sondern um eine „Freiheitsbeschränkung“ handele. Ein Schmerzensgeld unter Genugtuungsaspekten scheide daher schon von vornherein aus.
Die Freiheitsbeschränkung verlange den Betroffenen „ein zwar spürbares, angesichts der schwerwiegenden Gefahren für die Gesellschaft insgesamt aber geringfügiges Opfer zugunsten der Gemeinschaft ab“, betonte das OLG abschließend.
Auch ein Schmerzensgeld als Schadensausgleich komme daher generell nicht in Betracht. Nach den entsprechenden Hinweisbeschlüssen des OLG Oldenburg nahmen die Kläger ihre Berufungen jeweils zurück. (mwo)
Oberlandesgericht Oldenburg, Az: 6 U 15/22 und 6 U 12/22