Kapital-Anlage

Kurssturz der Tech-Werte macht Blick auf Value-Aktien frei

Technologie-Aktien haben an den Börsen zwischenzeitlich Dämpfer erfahren. Doch langfristig bieten Papiere von Tech-Giganten weiter Potenzial, sind sich Analysten sicher – auch wenn sich ihr Blick derzeit mehr auf Substanz-Papiere richtet.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:

Neu-Isenburg. Biotech- und Technologieaktien waren lange Zeit Lieblinge von Investoren. Doch zuletzt sind ihre Aktienkurse deutlich unter Druck geraten. „Der Einbruch hat viele Anleger überrascht“, sagt Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege beim Vermögensverwalter Spiekermann & Co in Osnabrück.

Doch der Rückschlag biete eine Chance, günstiger in die Titel einzusteigen .„Die Notierungen profitabler Tech-Unternehmen dürften langfristig wieder zulegen“, sagt Kohlbrecher.

Die Aktienkurse des Internet-Händlers Amazon und der Google-Mutter Alphabet sind in den drei Monaten bis zu Beginn dieser Woche um mehr als zwölf Prozent gesunken, die Softwareschmiede Microsoft hat in dieser Zeit mehr als 15 Prozent verloren.

Ein Aktienhändler verfolgt in der Frankfurter Wertpapierbörse die Kriegsnachrichten. Muss er im Portfolio umschichten?

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© picture alliance/dpa | Arne Dedert

Die Papiere des Sozialnetzwerk-Betreibers Facebook, der nun unter dem neuen Namen Meta Platforms agiert, und des Biotech-Unternehmens Moderna sind sogar um mehr als 40 Prozent abgestürzt. Der deutsche Technologie-Index TechDAX ist um knapp 20 Prozent gefallen.

Profiinvestoren ziehen Gelder ab

Hingegen haben trotz des Börseneinbruchs im Zuge des Ukraine-Kriegs sogenannte Value-Aktien, Papiere von Unternehmen mit langjährig etablierten Geschäftsmodellen, in deutlich geringerem Umfang Kursverluste hinnehmen müssen.

Der deutsche Leitindex DAX, in dem solche Titel einen Anteil von mehr als 50 Prozent haben, verlor in dieser zeit nur zwölf Prozent, der S&P 500, der die Kursentwicklung der 500 größten traditionellen US-Konzerne widerspiegelt, lediglich zehn Prozent.

Besonders gut gehalten haben sich Aktien von Nahrungsmittelerzeugern und Herstellern von Gütern des täglichen Bedarfs. Das Papier des französischen Lebensmittelkonzerns Danone ist gerade einmal um 3,7 Prozent gesunken. Der Börsenwert des US-Konsumgüterproduzenten Procter & Gamble hat nur 4,4 Prozent verloren.

Es sind vor allem Profiinvestoren wie Fonds, Pensionskassen und Versicherungen, die seit Dezember vergangenen Jahres bei den zuvor stark gestiegenen Biotech- und Technologiewerten Gewinne mitnehmen und dadurch die Kurse dieser Papiere fallen lassen. Das sei nicht überraschend, sagt Gottfried Urban, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Urban & Kollegen in Altötting. „Diese Titel sind zu hoch bewertet.“

Amazon wurde im Dezember 2021 mit dem mehr als 65-Fachen des anteiligen Jahresgewinns pro Aktie gehandelt, Microsoft mit dem mehr als 45-Fachen. Hingegen kostet die Danone-Aktie nur das 16,5-Fache. Fonds, Pensionskassen und Versicherungen haben deshalb die teuren Techwerte abgestoßen und sich den günstigeren Aktien zugewandt, was deren Notierungen auch nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs stützte.

Hinter dem Strategiewechsel der Profiinvestoren steht auch die Ankündigung der US-Notenbank Fed, zur Eindämmung der Inflation die Leitzinsen in diesem Jahr von der gegenwärtigen Spanne von 0 bis 0,25 Prozent auf bis zu 0,75 bis ein Prozent anheben zu wollen.

„Die Finanzierung von Investitionen würde dann für Unternehmen teurer werden“, sagt Urban. „Schätzungen für künftige Unternehmensgewinne müssten dann gerade bei den hochpreisigen Technologieunternehmen möglicherweise revidiert werden.“ Weniger betroffen davon wären Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs. Sie könnten ihre Preise anheben, da Konsumenten auf diese Produkte angewiesen sind.

Auch Energie rückt in den Fokus

Renditechancen sieht Urban auch in anderen Segmenten: „Die Energie- und Rohstoffsektoren und klassische Industriebereiche sind niedrig bewertet.“ So kostet die Aktie des italienischen Stromanbieters Enel, der den Anteil von Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken massiv ausbaut, nur das Zehnfache des für dieses Jahr erwarteten Gewinns.

Kohlbrecher bezweifelt indes, dass Leitzinserhöhungen in den USA die Gewinne der Tech-Giganten nennenswert schmälern könnten. „Wegen der Skalierungseffekte haben diese Unternehmen einen relativ geringen Bedarf an weiterem Kapital.“ Bei einer Software steige mit jedem weiteren Kunden der Gewinn pro verkauftem Produkt.

Die Notierungen profitabler TechUnternehmen dürften langfristig wieder zulegen.

Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege beim Vermögensverwalter Spiekermann & Co in Osnabrück

Auch Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Dr. Lux & Präuner in München, sieht keine Gefahren durch die Leitzinsanhebungen. Schließlich hätten in den USA die Börsen nach der Ankündigung der Zinsanhebung durch die Fed zugelegt. „Investoren gefällt, dass die Notenbank endlich gegen die Inflation vorgeht“, sagt Lux.

Auch die Börsenhistorie spreche langfristig für Tech-Werte, sagt Kohlbrecher. Seit 2008 habe es zehn Phasen gegeben, in denen Investoren mal Tech- und mal Value-Aktien bevorzugt hätten. „Waren Tech-Aktien gefragt, schnitten sie im Schnitt um 16 Prozent besser ab, waren Value-Aktie gefragt, zeigten diese hingegen nur eine Outperformance von neun Prozent“, sagt der Stratege.

Zudem können gute Nachrichten Tech-Werten schnell zu hohen Kursgewinnen verhelfen. Bestes Beispiel dafür ist Moderna, dessen Papier nur noch das 5,3-Fache des Jahresgewinns kostet. Nachdem der Hersteller den Beginn eines klinischen Versuchs mit einem mRNA-Impfstoff gegen HIV gemeldet hatte, stieg der Aktienkurs in der Spitze um mehr 18 Prozent.

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