Eilverfahren

Landgericht stoppt Selbsttest-Zertifikat von AU-Schein

Zuerst Krankschreibung per App, jetzt Selbsttest-Zertifikat: Das Landgericht Hamburg hat einem Hamburger Unternehmen im Eilverfahren vorläufig untersagt, die Ausstellung von COVID-19-Selbsttest-Zertifikaten nach alleinigem Online-Kontakt zu bewerben.

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Alles genau im Blick bei der online durch einen Arzt oder eine Ärztin überwachten Selbsttestung? Die Richter hatten daran Zweifel.

Alles genau im Blick bei der online durch einen Arzt oder eine Ärztin überwachten Selbsttestung? Die Richter hatten daran Zweifel.

© Alterfalter / stock.adobe.com

Bad Homburg. Das Landgericht Hamburg hat einem Hamburger Unternehmen im Eilverfahren vorläufig untersagt, die Ausstellung von COVID-19-Selbsttest-Zertifikaten nach alleinigem Online-Kontakt zu bewerben oder Testzertifikate auszustellen, ohne dass ein Arzt den Test persönlich überwacht (Az.: 406 HKO 129/21, nicht rechtskräftig).

Erwirkt hat die Verfügung die Bad Homburger Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Wie die Zentrale auf Nachfrage bestätigte, handelt es sich bei dem Unternehmen um die Dr. Ansay AU-Schein GmbH, deren Kerngeschäftsmodell die Krankschreibung per App und via Website darstellt.

Wie die Wettbewerbshüter weiter berichten, habe ihnen bei einer Probe aufs Exempel eine Ärztin umstandslos mittels PDF-Datei einen negativen Antigen-Test „unter meiner fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis …“ bescheinigt. Dabei sei das mitgeteilte Resultat des Selbsttests weder von AU Schein kontrolliert noch zur Kontrolle angefordert worden.

Werbung erweckt unzutreffenden Eindruck

Eine Nachfrage beim Unternehmen, ob es in das Hauptsacheverfahren gehen wolle oder sich der Verfügung des Landgerichts beugen werde, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Am Dienstag war das kostenlose Zertifikate-Angebot noch freigeschaltet.

Die Wettbewerbszentrale beanstandet den Marketing-Gag – Anbieter-O-Ton: „Der Online ‚Bürgertest‘“ – als irreführend, weil damit „der unzutreffende Eindruck“ erweckt werde, „es handele sich um ein rechtswirksames Testzertifikat, das überall dort, wo Testnachweise notwendig sind, vorgelegt werden könne“. Die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sehe jedoch vor, dass ein Testnachweis nur gültig ist, wenn die Testung „von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde“. Die Ausstellung eines Testnachweises ohne jeglichen Arztkontakt entspreche dieser Vorgabe nicht.

Dem hält AU Schein nach Darstellung der Zentrale entgegen, dass die gesetzlich geforderte ärztliche Überwachung auch mittels eines online auszufüllenden Fragebogens möglich sei. (cw)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 14.12.202120:12 Uhr

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verbietet Werbung mit unwahren oder falschen Wirkaussagen über Arzneimittel oder andere diagnostische und therapeutische Verfahren, sowie werbliche Aussagen, die einen "sicheren Wirkerfolg" eines Medikaments oder einer Behandlungsmethode suggerieren.

Es gibt unter anderem Verbote bestimmter Werbemaßnahmen wie
"...Aussagen, die geeignet ist, Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen..."
nach https://flexikon.doccheck.com/de/Heilmittelwerbegesetz

Was das Hamburger "Telemedizin"-Unternehmen "AU-Schein" GmbH als sogenannte „COVID-19-Immunitätspässe“ angeboten hatte, war ebenso unseriös und windig wie deren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU). 199 € für 100 Blankopässe für Ärzte nach Angaben des Firmengründers und Geschäftsführers Can Ansay zu verlangen, ist m.E. völlig überzogen. Denn einen zuverlässigen, mit hoher Sensitivität und Spezifität versehenen Antikörpertest, den das Unternehmen über einen weiteren Vertriebspartner anbietet, ist für 19 € Kosten nicht zu realisieren.

Dass der Immunitätspass aber auch direkt über die au-schein.de-Website zu bestellen sein soll, und eine Tele-Ärztin dann anhand eines Online-Fragebogens die Angaben des Patienten überprüft, ist ebenso unseriös.

"AU-Schein.de" wurde 2018 von Dr. jur. Can Ansay, Dr. Falko Brinkmann und André Lohmann gegründet, als Telemedizin-Startup angeblich Vorreiter bei der Digitalisierung von Krankschreibungen in Deutschland. Patienten können via Smartphone ihre Krankheitssymptome mit dem Krankheitsbild einer Erkältung abgleichen und sich nach der Diagnose durch einen Tele-Arzt krankschreiben lassen. Der Service kostet 14 Euro pro Krankschreibung und beinhaltet eine digitale und eine optionale postalische Version der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (+8 Euro).
Eine "Vision hinter AU-Schein.de ist es, dem Patienten die bestmögliche ärztliche Versorgung durch die digitalen Innovationen der Telemedizin zugänglich zu machen..."

Was für ein selbstgerecht-überheblicher Euphemismus!

Mf+kG, Dr. med. Th. G. Schätzler, FAfAM

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