Was Mentoring-Programme bringen
Mit Hilfe erfahrener Partner das Ziel erreichen
Wenn in der Weiterbildung Fragen auftreten, kann der Austausch mit einem erfahrenen Arzt helfen. Neun Gruppen in Hessen machen sich genau das zugute – indem sie jungen Ärzten gezielt Mentoren an die Seite stellen.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Macht es Sinn, während der Weiterbildung schon in eine Praxis zu wechseln mit der Option, diese zu übernehmen? Wie komme ich als Weiterbildungsassistent gegen Kollegen an, die seit Jahrzehnten in den gleichen Strukturen arbeiten und nicht gewillt sind, etwas zu ändern? Und wie kann ich meinen Weiterbilder dazu bewegen, sich mehr Zeit für ein Feedback zu nehmen?
Während der Weiterbildung kommen bei jungen Ärzten viele Fragen auf. "Diese in einem Mentoringprogramm mit Gleichgesinnten zu besprechen, kann helfen", weiß Anne Messemaker. Sie leitet die Mentoringgruppe der Kompetenzzentren Weiterbildung Allgemeinmedizin Hessen an der Goethe Uni Frankfurt. Das heutige Thema: "Praxisorganisation und -abrechnung 2.0".
Mentoring in Hessen
Das Mentoringprogramm richtet sich an angehende Allgemeinmediziner und wird im Rahmen des Weiterbildungskollegs der Kompetenzzentren Weiterbildung Allgemeinmedizin Hessen parallel zu einem Seminarprogramm angeboten.
Gefördert wird das Programm durch das hessische Sozialministerium sowie die Adolf- Messer-Stiftung.
Aktuell bestehen neun Mentoringgruppen in Hessen.
Weitere Informationen unter www.weiterbildung-allgemeinmedizin-hessen.de
Neben Messemaker sitzt als Gesprächspartner und Mentor Christian Sommerbrodt. "Betriebswirtschaft ist bei vielen ein absolutes Buh-Wort", erklärt er. Der niedergelassene Allgemeinmediziner ist ein authentisches Gegenüber: "Ich verstehe all die Sorgen, bin aber kein Versicherungsmakler oder Bankberater. Ich sitze im gleichen Boot", so der erfahrene Mentor, der den zehn Teilnehmern bei Fragen zur Seite steht. Die Treffen dauern planmäßig zwei Stunden, oft aber länger – wenn eben zu viele Fragen anstehen oder die Ärzte in Weiterbildung die eigene Situation umtreibt.
"Es ist krass, was da auf einen einstürzt", sagt etwa ein Arzt in Weiterbildung, der plant, die Praxis seiner Mutter zu übernehmen. In der Gruppe berichtet er, dass es schwierig sein wird, die verkrusteten Strukturen aufzubrechen und die Praxisorganisation zu modernisieren. Bis März läuft seine Weiterbildung noch. "Die betriebswirtschaftlichen Zahlen, die mit der Übernahme einhergehen, machen schon Angst. Darauf ist man nicht so wirklich vorbereitet worden."
Sommerbrodt kennt das Problem: "Ärzte haben gerade in den ersten Jahren ein völlig gespaltenes Verhältnis zum Bezahltwerden", sagt er in der Runde. "Dabei lebt eine Praxis eben davon, wie viel Geld hineinfließt und wie viel ausgegeben wird." Im Schnitt mache seine Praxis einen Umsatz von 200.000 Euro im Jahr, spricht er vor den Mentees völlig offen. Dabei gibt er den angehenden Ärzten auch Tipps für die spätere Niederlassung mit – etwa wenn er von der Online-Terminvergabe berichtet, die seine Gemeinschaftspraxis gerade eingeführt hat.
Viermal im Jahr treffen sich die angehenden Ärzte, die sich in verschiedenen Phasen ihrer Weiterbildung befinden; darüber hinaus sind Sommerbrodt und Messemaker per E-Mail oder Telefon zu erreichen.
Die Themen sind immer unterschiedlich: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht ebenso auf dem Programm wie der Umgang mit dem Praxisteam. "Wir versuchen, die Themen auf das abzustimmen, was die Mentees bewegt", erklärt Messemaker. So gehört zum Thema "Praxisorganisation und -abrechnung 2.0" etwa auch, wie verschiedene Formulare ausgefüllt werden oder bei Muster 52 die Anfrage der Kassen richtig beantwortet wird.
Dass die Ärzte bereits in der Weiterbildung solche Fragen aus dem Praxisalltag beantwortet bekommen, zahlt sich laut Messemaker aus. "Wir haben viele unserer Mentees durch alle Sorgen und Freuden in die Niederlassung begleitet", sagt sie. "Das Feedback ist sehr positiv."