Online-Vernetzung

Mit Patienten ins Internet - warum nicht?

Wie können Ärzte im Zeitalter der Online-Vernetzung Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Hypertonie erfolgreich behandeln? Auf die Vermittlung der richtigen Informationen kommt es an.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

BERLIN. Nein, den Arzt als "Halbgott in Weiß", der ein Informationsmonopol besitzt und seinen Patienten fast alles sagen kann, ohne dass diese misstrauisch werden, den wünschen sich auch niedergelassene Ärzte nicht zurück.

Das betont auch Dr. Carl-Heinz Müller, Hausarzt in Trier und ehemals Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

"Wir sind froh, wenn wir informierte Patienten in der Praxis haben", sagte Müller beim Kongress "Apple, Google & Co: Wie die zunehmende Digitalisierung Ihren Praxisalltag verändern wird".

Gut informierte Patienten setzten sich mit ihrer Erkrankung auseinander, sie setzten oft mehr um von der Therapie, und sie erfragten Therapieoptionen. Sie holten auch bei Bedarf eine Zweitmeinung ein. "Das ist richtig und wichtig", betonte Müller.

Aber falsch informierte Patienten zu haben oder Patienten, die mit einer Informationsflut aus dem Internet, etwa zu einem vermeintlichen Diabetes, in die Praxis kommen, "das kann eine Last sein", so der Stoßseufzer Müllers, der in Trier eine Praxis mit 1500 Patienten im Quartal führt. Solche Patienten kämen dann mit der Erwartung "Ich möchte jetzt Zeit", erläuterte der Hausarzt.

Patienten können per E-Mail Arzt kontaktieren

Mehr zum BCC-Kongress

"Apple, Google & Co: Wie die zunehmende Digitalisierung Ihren Praxisalltag verändern wird" - unter diesem Motto stand ein Kongress von Springer Medizin und Berlin Chemie am 26./27. Juni im BCC in Berlin.

Zu den Berichten über den BCC- Kongress

Nach der Untersuchung stehe dann gleich ein Diabetes-Therapieplan auf der Wunschliste - "und 50 Prozent nehmen die Medikamente dann trotzdem nicht". Schwierig werde das dann besonders am ohnehin überfüllten Montag.

Möglichkeiten sieht Müller durchaus, mit Online- und IT-Services Arztpraxen attraktiv für Patienten zu machen und gleichzeitig in die Lage zu versetzen, den Ansturm der Patienten effizient zu bewältigen. "Wir arbeiten papierlos", so Müller.

Über die Homepage könnten die Patienten per E-Mail mit der Praxis in Kontakt treten (Müller: "Nicht bei akuten Fällen!"). Weitere Optionen seien Rezeptbestellung online und elektronische Terminvereinbarung.

Bei Letzterem sieht Müller noch die Verlässlichkeit nicht endgültig geklärt: "Wir Ärzte können nicht wie die Lufthansa in der Economy auf 120 Prozent überbuchen", betonte der Hausarzt in Berlin.

Auch Telemedizin könnte, wenn sie bezahlt würde, den Ärzten helfen, sagt Müller - etwa zur Diagnostik des Schlaf-Apnoe-Syndroms bei Hypertonie-Patienten. Am Ende gelte aber immer noch: "Das ärztliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen."

Zuwendung gibt es nicht über das Internet

Müller sah sich darin auch einig mit anderen Referenten, etwa Pädiater Dr. Markus Müschenich: Wissen, so der Experte für Internet-Medizin, könnten Patienten mittlerweile und in Zukunft immer mehr aus dem Internet ziehen. Zuwendung sei dagegen nicht über das Internet zu bekommen.

"Im Gespräch sollten wir Ärzte dann auch ruhig zeigen, dass wir internet-affin sind", fuhr Müller fort. Man könne dann im Netz auch bestimmte Seiten, etwa zu Diabetes oder Hypertonie, ansteuern und mit dem Patienten darüber sprechen. Wichtig sei, das Praxisteam mitzunehmen und den Mitarbeitern zu vermitteln, dass das Internet "etwas Normales" in der Praxis ist.

Auch Dr. Ilona Köster-Steinebach vom Verbraucherzentrale Bundesverband sah das Gespräch als "Dreh- und Angelpunkt" in der Behandlung von Patienten. Sie hob die Chancen hervor, die dadurch entstehen, dass durch eine Standardisierung mancher Informationen, etwa in qualitätsgesicherten Angeboten im Netz, manche Routinetätigkeiten vereinfacht werden, was Freiraum schaffe für eine "echte Interaktion und Kommunikation mit Patienten".

Damit das funktioniere, müssten Ärzte auch Lotsen durch das Dickicht der Angebote im Internet werden. Dabei sei es wichtig, dass die Ärzte den individuellen Informationsstand ihrer Patienten berücksichtigen.

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