Die Meinung
Nach Unglück ist Taktgefühl maßgeblich
Manchmal kann man mit den Versicherern fast Mitleid haben, zum Beispiel nach Flugzeugunglücken. Die Fluggesellschaften haben Haftpflichtdeckungen, die Versicherer zahlen Entschädigung. Nach jedem größeren Unglück gibt es darüber Debatten.
Denn die Höhe bemisst sich im Wesentlichen nach dem Einnahmeausfall, mit dem Angehörige fertig werden müssen.
Da kann eine Familie, bei der Mutter oder Vater mit hohem Einkommen verstarb, deutlich höhere Forderungen durchsetzen als die Angehörigen von Alleinstehenden.
Wenn eine Maschine mit Passagieren aus Indien oder Indonesien abstürzt, sind die Entschädigungen im Schnitt deutlich niedriger als bei amerikanischen oder europäischen Opfern.
In Europa kalkulieren die Versicherer mit einer Million bis zwei Millionen Euro pro Todesopfer.
Das alles mag willkürlich und ungerecht erscheinen - hat aber nichts mit den Versicherern zu tun, sondern mit geltendem Schadenersatzrecht. Wohl aber sind die Versicherer verantwortlich für einen würdigen und taktvollen Umgang mit den Angehörigen der Opfer.
Die meisten Gesellschaften sind sich dessen bewusst und regeln die Entschädigungen schnell und unbürokratisch.
Allerdings: Wenn sich eine betroffene Familie von einem geschäftstüchtigen Anwalt einreden lässt, über eine Klage in den USA oder Spanien könnten viele Millionen mehr herausgeholt werden, ist es vorbei mit dem Taktgefühl - auf beiden Seiten.
Für die Schäden mag eine Versicherung sinnvoll sein.
Herbert Fromme ist Wirtschaftsjournalist in Köln.