Neues Gesetz schärft Waffen gegen "Legal Highs"

Konsumenten und Dealern neuer psychoaktiver Stoffe drohen künftig drastische Strafen. Ein jetzt in Kraft getretenes Gesetz stattet Polizei und Justiz mit schärferen Waffen im Kampf gegen Besitz und Handel dieser Modedrogen aus.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

WIESBADEN/LISSABON. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden bekommen mehr Möglichkeiten, künftig effektiver gegen Besitzer und Händler synthetischer Cannabinoide, synthetischer Cathinone, von Phenethylaminen und anderer neuer psychoaktiver Stoffe (NPS), die als "Legal Highs" bekannt sind, vorzugehen. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilt, ist mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 26. November das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz stehe den Strafverfolgungsbehörden neben dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) nun eine neue Rechtsgrundlage zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zur Verfügung.

Vermögensabschöpfung wird möglich

Das NpSG sieht laut BKA ein weitreichendes Verbot des Erwerbs, Besitzes und Handels mit NPS und eine Strafbewehrung der Weitergabe solcher Stoffe vor. Zudem ermögliche es den Strafverfolgungsbehörden bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und Vermögensabschöpfung durchzuführen sowie die Anordnung der Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr zu begründen. "Neben den neuen und wichtigen Möglichkeiten der Strafverfolgung gibt das NpSG auch das wichtige Signal an Händler und Konsumenten, dass es sich hierbei um gesundheitsgefährdende oder gar lebensbedrohliche Stoffe handelt", betont der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch.

Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, setzt auf die Wirkung des NpSG: "Endlich haben Polizei und Justiz ein wirksames Instrument gegen NPS-Dealer in der Hand. Ich fand es unerträglich, wenn zum Teil hochgefährliche Substanzen im Internet und auf Partys als ‚Legal Highs‘, ‚Kräutermischungen‘ oder ‚Badesalze‘ verkauft wurden und der Polizei die Hände gebunden waren. Damit ist jetzt Schluss!"

Laut BKA standen in Deutschland im vergangenen Jahr polizeilich registriert insgesamt 39 Todesfälle im Zusammenhang mit einem NPS-Konsum. "Im Hinblick auf die Zahl der Intoxikationen und Todesfälle ist von einem großen Dunkelfeld auszugehen", warnt das BKA.

Der Behörde seien allein aus dem Jahr 2015 mehrere hundert Sachverhalte aus ganz Deutschland bekannt, bei denen es im Zusammenhang mit dem Konsum von verschiedenen Legal High-Produkten oder NPS zu teilweise schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen gekommen sei. Die meist jugendlichen Konsumenten hätten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall vitaler Funktionen medizinisch oder notfallmedizinisch behandelt werden müssen. Daneben sei es in einigen Fällen nach dem Konsum dieser Produkte zu aggressiven Reaktionen und unkontrollierten Übergriffen auf dritte Personen gekommen.

2008 erste Stoffe identifiziert

Die ersten neuen Stoffe dieser Art sind, so das BKA, im Jahre 2008 in der Kräutermischung "Spice" identifiziert und im Jahr 2009 dem BtMG unterstellt worden. Seitdem wichen Hersteller und Händler nach Unterstellung eines gesundheitsgefährdenden Stoffes immer wieder auf neue, in ihrer chemischen Struktur oft nur minimal veränderte psychoaktive Stoffe aus und umgingen ungeachtet der Wirkungsweise und Gefährlichkeit dieser Stoffe so das Verbot.

Dieser Vorgehensweise begegne das NpSG, indem es erstmals ganze Stoffgruppen, welche eine Vielzahl von Einzelsubstanzen umfassen, verbiete. Das betreffe derzeit vor allem synthetische Cannabimimetika und Phenethylamine. An der Beschreibung der Stoffgruppen seien neben Vertretern Rechtsmedizinischer Institute auch polizeiliche Experten mehrerer Landeskriminalämter sowie des BKA beteiligt gewesen.

Wie aus dem "Bundeslagebild Rauschgift 2015" des BKA hervorgeht, sind im vergangenen Jahr von Deutschland insgesamt 39 NPS an die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) bzw. an die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) übermittelt worden, die erstmalig auf dem deutschen Rauschgiftmarkt sichergestellt worden seien und zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht dem BtMG unterstellt waren.

In ihrem "Europäischen Drogenbericht 2016" spricht die EBDD von einer breiten NPS-Palette. "Hierzu zählen synthetische Cannabinoide, synthetische Cathinone, Phenethylamine, Opioide, Tryptamine, Benzodiazepine, Arylalkylamine und eine Reihe weiterer Substanzen. Im Jahr 2015 wurden 98 neue Substanzen erstmals nachgewiesen", heißt es. Damit belaufe sich die Zahl der beobachteten neuen Substanzen auf mehr als 460, von denen 380 (70 Prozent ) in den letzten fünf Jahren entdeckt worden seien.

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