Ominöser Report

Homöopathen fühlen sich gestärkt

Doch wissenschaftliche Evidenzn? Anhänger von Globuli & Co setzen auf einen lange unter Verschluss gehaltenen Report aus Australien. Doch nicht alles ist darin Gold, was glänzt.

Von Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Homöopathie haftet oft das Image des Reinen und Natürlichen an. Doch wirkt sie auch? Das ist höchst umstritten.

Homöopathie haftet oft das Image des Reinen und Natürlichen an. Doch wirkt sie auch? Das ist höchst umstritten.

© juefraphoto / stock.adobe.com

Berlin/Canberra. Homöopathisch tätige Ärzte rund um die Welt hoffen, dass ihren Globuli & Co mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird – auch von wissenschaftlicher Seite. Grund ist die erst nach massiven, internationalen Protesten von Wissenschaftlern, Patientenverbänden und Ärztevereinigungen nun erfolgte Veröffentlichung eines Reports des National Health and Medical Research Council (NHMRC) in Canberra zur Homöopathie.

Die 2012 verfasste, als „erster Australischer Report“ betitelte Untersuchung zur Wirkung der Homöopathie wurde bis dato nie veröffentlicht. Publiziert wurde hingegen 2015 der „zweite Australische Report“. Dieser wiederum schlug international hohe Wellen, führte weltweit zu negativen Schlagzeilen und habe, wie der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) betont, der Homöopathie maßgeblich geschadet. Er sei wissenschaftlich umstritten, zum Beispiel weil 171 von 176 Studien für unzuverlässig erklärt wurden, da sie weniger als 150 Studienteilnehmer hatten.

Es handelt sich um ein unfertiges Stück Arbeit.

Professor Anne Kelso, CEO des National Health and Medical Research Council in Canberra in ihrem Statement zu dem Report von 2012

Einen Schritt vorwärts, zwei zurück

„Der Australische Report ist nichts anderes als die Widerlegung der viel zitierten Aussage der Homöopathie-Kritiker, dass die Unwirksamkeit der Homöopathie wissenschaftlich belegt sei. Der Report gibt wichtige wissenschaftliche Belege, dass eher das Gegenteil der Fall ist“, resümiert Dr. Michaela Geiger, Erste Vorsitzende des DZVhÄ angesichts der Veröffentlichung.

Aus ihrer Sicht müssten damit viele wissenschaftliche Papiere – so auch die Empfehlungen des Dachverbandes der europäischen Akademien der Wissenschaften (EASAC) gegen den Einsatz der Homöopathie in der Human- sowie Veterinärmedizin, die auf dem Report aus 2015 basieren – neu geschrieben werden. „Der Report ist einmal mehr ein Beispiel dafür, dass Wissenschaft mit wirtschaftlichen und politischen Interessen vermengt wird“, moniert Geiger.

Das ist aber offensichtlich nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich schreibt NHMRC-CEO Professor Anne Kelso in ihrem Statement zur Veröffentlichung des 2012er Papiers: „Im Gegensatz zu manchen Behauptungen kam der Bericht nicht zu dem Schluss, dass Homöopathie ineffektiv sei. Stattdessen stellte er fest, dass ‚auf der Grundlage der Beurteilung des Beweises der Effektivität von Homöopathie das NHMRC zu dem Schluss gelangt sei, dass es keinen Gesundheitszustand gibt, für den es verlässliche Beweise gibt, dass Homöopathie effektiv ist.“

Report ohne Qualitätssicherung

Zugleich warnt Kelso davor, den Inhalt des ersten Reports für bare Münze zu nehmen. Denn er habe nicht die wissenschaftlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen des NHMRC durchlaufen. Hintergrund der Entstehungsgeschichte des Werkes aus 2012 sei, dass die Zusammenarbeit mit dem ersten Vertragsnehmer im gegenseitigen Einvernehmen beendet und der erste Report somit nie den Status eines offiziellen Berichts erreicht habe. Wären zur Qualitätssicherung das NHMRC-Repertoire inklusive Experten-Review und öffentlicher Konsultation zum Einsatz gekommen, so könnte es „ zu signifikanten Änderungen im Vergleich zum initialen Entwurf“ kommen. Ergo verbietet es sich, aus dem ersten Report einen Freifahrtschein für die Homöopathie abzuleiten.

Der DZVhÄ verweist aber in einer aktuellen Meldung mit Referenz auf den Report darauf, dass es bei Fibromyalgie, Mittelohrentzündung, postoperativem Darmverschluss, Atemwegsinfektionen und Nebenwirkungen von Krebstherapien eine „ermutigende Evidenz“ für die Wirksamkeit der Homöopathie gebe. Dazu Geiger ergänzend. „Wir fordern mehr Forschung über Therapien und Arzneimittel der integrativen Medizin an deutschen Hochschulen und eine Anerkennung der Homöopathie in der medizinischen Grundversorgung und die Förderung von Homöopathie nach dem Schweizer Modell – also die Finanzierung über das GKV-System.“

Dazu wird es aus derzeitiger Sicht angesichts des auch politischen Widerstands wohl nicht so schnell kommen. Immerhin will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die umstrittene Kostenübernahmen für homöopathische Arzneimittel durch die Krankenkassen in Form von Satzungsleistungen nicht antasten.

Wie der DZVhÄ nachlegt, belegten neben dem ersten australischen Report auch viele weitere wissenschaftlich valide Studien die Wirksamkeit der Homöopathie. Dazu kämen die positiven Erfahrungen von Tausenden von Ärzten und Millionen von Patienten weltweit.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 23.10.201918:01 Uhr

Mit der Wahrheit nimmt man es nicht so genau...

Barnes, Joanne B. et al
https://journals.lww.com/jcge/Abstract/1997/12000/Homeopathy_for_Postoperative_Ileus___A.16.aspx
stammt von 1997 und ist somit 22 Jahre alt. Die Autoren schließen ihren Abstract mit dem Satz: "These results should form the basis of a randomized controlled trial to resolve the issue".

Damit wurde schon damals zur Lösung des Problems eine randomisierte kontrollierte
Studie auf der Basis dieser Ergebnisse gefordert, welche aber bis heute nicht geliefert werden konnte.

Erschwerend kommt hinzu, dass schon damals bei den nur 3 kontrollierten Studien mit Hochpotenzen keine Signifikanz bis zum Zeitpunkt des ersten Flatus ["Our endpoint was time to first flatus"] festgestellt werden konnte ["Meta-analyses of the three studies that compared homeopathic remedies =12C versus placebo showed no significant difference (p > 0.05)"].

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund



Dr. Heinrich Hümmer 22.10.201919:10 Uhr

Braucht´s noch mehr, Herr Dr. Schätzler?

Homeopathy for Postoperative Ileus?: A Meta-analysis

Barnes, Joanne B. Pharm., M.R.Pharm.S.; Resch, Karl-Ludwig M.D., Ph.D.; ERNST, EDZARD M.D., Ph.D.,
https://journals.lww.com/jcge/Abstract/1997/12000/Homeopathy_for_Postoperative_Ileus___A.16.aspx

"...There is evidence that homeopathic treatment can reduce the duration of ileus after abdominal or gynecologic surgery..."


"Hochaktueller Bericht der australischen Gesundheitsbehörde NHMRC (der vergebliche Versuch, diesen ersten Bericht, der nicht die „erhofften Ergebnisse“ erbrachte unter Verschluß zu halten, ist möglicherweise einer der GRANDIOSESTEN VERSUCHE EINES WISSENSCHAFTSBETRUGES!):
„Es gibt ermutigende Beweise für die Wirksamkeit der Homöopathie bei:
• Fibromyalgie (Grad C)
• Mittelohrentzündung (Grad C)

• POSTOPERATIVER ILEUS (Zeit bis zum ersten Flatus) (Grad C)

• Infektion der oberen Atemwege (URTI) bei Erwachsenen (Grad C)
• Nebenwirkungen der Krebsbehandlung (Grad C)“

FÄLLT IHNEN WAS AUF?

Reicht das, einschließlich Quellen etc.

Wie sagte Ernst erst neulich über die homöopathische Schlafstudie mit signifikantem Ergebnis?
„Eine neue homöopathische Studie weist darauf hin, dass hoch verdünnte [homöopathische]
Mittel besser als Placebos sind. UND ICH KANN KEINEN FEHLER FINDEN.“
„Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand helfen könnte, dieses Puzzle für mich zu lösen“

Ich glaub, der hat es längst kapiert!

Dr. Heinrich Hümmer 21.10.201918:24 Uhr

Genau lesen!

".....Alle von mir bisher geprüften Original-Publikationen konnten nicht zweifelsfrei belegen, dass die Homöopathie signifikant über Placebo-Effekte hinausgehende Wirksamkeiten haben könnte. Bitte ersparen Sie den aufgeklärten Leserinnen und Lesern der Ärzte Zeitung Ihre unreflektiert-tendenziöse Sekundär- und Tertiärliteratur."

Dann müssen Sie unter SEE (Skeptiker-Evidenz-Einäugigkeit) leiden, wenn sie nicht wahrnehmen, dass bei 4 von 5 Metastudien als Ergebnis dort steht
.....Wirkung über Placebo-Niveau.....

Und wenn die das hinschreiben als Conclusion, dann meinen die das auch so.

Auf den Link zur INH-Seite, die das WÖRTLICH widergibt, verzichte ich diesmal...

Dr. Thomas Georg Schätzler 21.10.201910:02 Uhr

Sehr geehrter Kollege Heinrich Hümmer...

leider sind zumeist Sie es, der sich auf völlig unseriöse Sekundär- und Tertiärliteratur bzw. Pseudo-Zusammenfassungen auf "wordpress.com" beruft, was man beim besten Willen in der Debatte um die Homöopathie nicht ernst nehmen kann.

Dr. Norbert Aust hat als promovierter Maschinenbauer auf
http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/
und mit seinem Buch "In Sachen Homöopathie - Eine Beweisaufnahme" wenigstens Primärliteratur verfasst, über die sich sicherlich streiten lässt.

Alle von mir bisher geprüften Original-Publikationen konnten nicht zweifelsfrei belegen, dass die Homöopathie signifikant über Placebo-Effekte hinausgehende Wirksamkeiten haben könnte. Bitte ersparen Sie den aufgeklärten Leserinnen und Lesern der Ärzte Zeitung Ihre unreflektiert-tendenziöse Sekundär- und Tertiärliteratur.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund




Dr. Heinrich Hümmer 19.10.201912:36 Uhr

Seriöse Quellen...

Herr Dr. Schätzler:
1)Der Skeptiker Dr. Aust veröffentlicht ebenfalls über Wordpress.com, würden Sie ihn auch als unseriöse Quelle betrachten?

2)Dr. Aust auf
http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/?p=5335&unapproved=40859&moderation-hash=3f13988d562cba7c75af0c908dc3c08c#comment-40859

"Außerdem sollten Sie meine Äußerungen und die des INH noch einmal genauer lesen: Unsere Aussage ist, dass es keine belastbare / zuverlässige / überzeugende Evidenz für eine Wirksamkeit über Placebo hinaus gibt. Also nicht „keine“ sondern „keine aussagekräftige“, was in der absoluten Anzahl ja einen Unterschied macht. So wie „kein Bier“ etwas anderes ist als „kein gutes Bier“.

3)https://homoeopathiewirkt.wordpress.com/2019/10/19/geschichte-und-hintergrunde-des-sog-hidden-first-report-der-australischen-gesundheitsbehorde-nhmrc-zur-evidenz-der-homoopathie/

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