Umfrage
Pflegeeinrichtungen melden rote Zahlen
Pflegebedürftigkeit birgt nicht nur Armutsrisiken für Patienten. Eine aktuelle Umfrage erweckt den Eindruck, dass auch viele Pflegeanbieter mit ihrem Geschäftsmodell auf keinen grünen Zweig kommen.
Veröffentlicht:Essen. Die Pflegebranche schlägt Alarm: Zwei Drittel (66 Prozent) der 300 Teilnehmer einer Mitgliederumfrage des Branchenverbands bad (Bundesverband ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen) melden, derzeit in der Verlustzone zu wirtschaften; die Umfrage fand im Juli statt. Wie es in einer Mitteilung am Donnerstag weiter heißt, würden mehr als die Hälfte der defizitär fahrenden Unternehmen (54 Prozent) laufende Kosten auch aus betrieblichen Rücklagen finanzieren. Andere hätten Bankdarlehen aufgenommen (26 Prozent) oder gäben privates Geld zu (22 Prozent).
Ein Drittel (34 Prozent) der befragten Unternehmen habe aufgrund der „in den letzten zwölf Monaten in die Höhe geschnellten Personal- und Sachkosten und deren unzureichender Refinanzierung seitens der gesetzlichen Kostenträger“ bereits Personal abgebaut. Allerdings scheinen sich gleichzeitig auch Konsolidierungsprozesse abzuzeichnen, denn fast genausoviele Anbieter (33 Prozent) geben an, in den zurückliegenden zwölf Monaten zusätzliches Pflege- und Betreuungspersonal eingestellt zu haben.
Tariftreuepflicht sorgt auch für Arbeitsverdichtung
Die seit September 2022 geltende gesetzliche Verpflichtung für Pflegeheime und ambulante Pflegedienste, ihre Mitarbeiter in Pflege und Betreuung nach Tarif zu bezahlen, hat laut Umfrage bei 44 Prozent der Teilnehmer eine Verdichtung des Arbeitsaufkommens bewirkt. 34 Prozent konzedieren, dass sich dadurch die Mitarbeiterzufriedenheit verbessert habe, 27 Prozent, dass Mitarbeiter infolgedessen ihre Arbeitsstunden reduziert hätten.
In die Zukunft blicken die Pflegeanbieter allerdings weit überwiegend pessimistisch gestimmt: 76 Prozent bewerten die wirtschaftlichen Aussichten ihres Betriebes der jüngsten Verbandsumfrage zufolge als „eher negativ“, 15 Prozent als „unverändert“ und lediglich zehn Prozent „zuversichtlich“.
Der bad will nun mit einer Kampagne unter dem Motto „Die Pflege ist in Not“ politischen Entscheidungsträgern „die dramatische Lage noch einmal verdeutlichen, aber auch allgemein die prekäre Lage der Pflegewirtschaft ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken“. Verbandsgeschäftsführerin Andrea Kapp: “Die Pflegesachleistungen müssen im Rahmen einer weiteren Pflegereform angehoben und in dem Maße dynamisiert werden, wie die Kosten für die Pflege steigen.“
Der Bundesverband ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen vertritt nach eigener Aussage die Interessen von bundesweit über 1500, zumeist privaten Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen. (cw)