Gesetzgebung
Bundestag beschließt Apothekenreform
Sozialrechtliche Preisbremse für Rx-Produkte, eine regelmäßige Vergütung für Apotheken-Bringdienste und die Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen in den GKV-Katalog: Die Apotheken können sich über die jüngste Branchenreform nicht beklagen. Kassen und Versandapotheken aber schon.
Veröffentlicht:Berlin. Am Donnerstag hat der Bundestag in den Abendstunden das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) verabschiedet. Das Reformpaket enthält neben einem sozialrechtlichen Verbot, Zugaben im Rezeptgeschäft zu gewähren, auch die Einführung eines Botendiensthonorars für Apotheken zum kommenden Jahr sowie einen Anspruch gesetzlich Versicherter auf – nicht näher konkretisierte – „pharmazeutische Dienstleistungen“.
Das Botendiensthonorar war zunächst anlässlich der Corona-Krise mit 5,- Euro je Auslieferung verschreibungspflichtiger Medikamente an die Haustüre beschlossen und bis Ende September befristet worden. Nun soll es mit 2,50 Euro (zuzüglich Umsatzsteuer) „je Lieferort und Tag“, wie es im Gesetz heißt, verstetigt werden.
Begründung: Die Vergütung sei „notwendig, um insbesondere in Regionen mit geringerer Apothekendichte eine Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherzustellen.“ Zudem trügen lokale Lieferdienste zur Versorgungssicherheit einer zunehmend älter werdenden Kundschaft bei.
Knieps: Honorar zu hoch
Von den Versandapotheken wird das Botendiensthonorar als einseitige Förderung der stationären Konkurrenz verworfen. Sie haben außerdem bereits Klage auf EU-Ebene gegen die sozialrechtliche Absicherung der Rx-Preisbindung angekündigt.
Kritik rührt sich aber auch von Kassenseite. Eine gesonderte Bezahlung der persönlichen Medikamentenlieferung „über die Corona-Pandemie hinaus halten wir nicht für erforderlich“, ließ am Mittwoch Franz Knieps, Vorsitzender des BKK-Dachverbandes, verlauten. Zudem seien „2,50 Euro je Botendienst zu hoch“.
Aus einer repräsentativen Online-Umfrage des BKK Dachverbandes, an der sich nach dessen Angaben 3000 Bundesbürger ab 18 Jahren beteiligt haben, geht hervor, dass lokale Bringdienste beim Publikum auf positive Resonanz stoßen – bei Jüngeren sogar noch etwas mehr als bei Älteren. Für 33 Prozent der Befragten, heißt es, sei „der Liefer- und Botendienst interessant“.
Bei den Jüngeren (18-29 Jahre) wurden 37 Prozent Zustimmung ermittelt, bei den 30- bis 49-Jährigen 34 Prozent und bei den über 50-Jährigen Befragten, die offenbar überwiegend noch gut zu Fuß sind, 31 Prozent.
Gegenüber einer weiteren Neuerung im Apothekenportfolio, der Impfung, zeigten sich die Befragten weit weniger aufgeschlossen. In Modellprojekten in Nordrhein und dem Saarland wird bereits in Offizinen gegen Grippe geimpft.
60 Prozent Impfwillige
Für den Fall, dass eine Impfung gegen SARS-CoV-2 möglich wird, würden sich die meisten jedoch lieber beim Arzt (89 Prozent der Befragten) präventiv pieksen lassen, 20 Prozent beim Öffentlichen Gesundheitsdienst und 17 Prozent bei Betriebsärzten. Lediglich zehn Prozent der Impfwilligen unter den Befragten können sich vorstellen, zu diesem Zweck auch in die Apotheke zu gehen.
60 Prozent der BKK-Umfrage-Teilnehmer kreuzten an, sich „wahrscheinlich“ oder „sehr wahrscheinlich“ gegen Corona impfen zu lassen. Zu den weiteren Elementen des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes zählen unter anderem
- der bereits erwähnte Anspruch gesetzlich Versicherter auf „pharmazeutische Dienstleistungen“; dem Apothekerverband DAV und dem GKV-Spitzenverband wird aufgegeben, einen Katalog zu vereinbaren. Im Gesetz ist inhaltlich nicht mehr bestimmt, als dass diese Dienstleistungen der Arzneimitteltherapiesicherheit, der Compliance oder der Prävention dienen sollen.
- Erstmals werden Medikamenten-Abgabeautomaten zugelassen, wenngleich streng reglementiert. Sie dürfen nur in Apothekenräumen und nur zum Auswurf vorbestellter Präparate nach bereits erfolgter Beratung betrieben werden.
- Auch EU-Versandapotheken, die nach Deutschland liefern, müssen künftig produktspezifische Temperaturanforderungen einhalten und dies durch mitgeführte Temperaturkontrollen belegen können. Diese Anforderung galt bisher nur für inländische Versandapotheken.