Zukunft der PKV
Private wollen Versicherte digital steuern
Auch die PKV-Branche forciert ambulante Digitalprojekte: Außer an einer eigenen E-Akte sind etliche Anbieter an telemedizinischer Hausarztversorgung interessiert. Unterdessen ist der Vertragsbestand im Kerngeschäft Vollversicherung erneut leicht erodiert.
Veröffentlicht:KÖLN. Das Interesse der privaten Krankenversicherer (PKV) an telemedizinischen Versorgungsangeboten für ihre Versicherten ist groß. Der PKV-Verband hat am 1. Juni 2017 mit der Tele-Arzt-GmbH eine "Vereinbarung zur privaten hausärztlichen telemedizinischen Versorgung" abgeschlossen. Der Rahmenvereinbarung sind inzwischen 27 PKV-Unternehmen beigetreten.
"Ziel dieser Rahmenvereinbarung ist die Sicherstellung und die bessere Versorgung bestimmter älterer, multimorbider und immobiler Privatpatienten insbesondere im ländlichen Raum mit langen Anfahrtszeiten für ärztliche Hausbesuche", heißt es im Rechenschaftsbericht 2017 des PKV-Verbands.
Der "TeleArzt" ist von Hausarzt Dr. Thomas Aßmann aus Lindlar im Bergischen Land entwickelt worden. Die telemedizinische Versorgungsassistentin oder Tele-VERAH spielt eine zentrale Rolle in dem Konzept. Der Deutsche Hausärzteverband ist einer der Träger der GmbH.
PKV strickt an weiterer E-Akte
Der PKV-Verband hat 41 Mitglieder – unter ihnen auch den rein digitalen Anbieter Ottonova – da sind 27 an dem Vertrag teilnehmende Krankenversicherer eine stolze Quote.
Eine wichtige Rolle auf der digitalen Agenda der Branche spielt auch die Entwicklung einer App, die alle Kernfunktionen des eHealth-Gesetzes erfüllen soll. Die PKV setzt dabei auf die versichertenzentrierte Patientenakte. "Diese App ermöglicht dem Versicherten ein selbstständiges Management seiner Gesundheitsdaten und stärkt ihn in seiner Entscheidungskompetenz im Behandlungspfad", wird im Rechenschaftsbericht erläutert.
Und weiter: "In einer weiteren Ausbaustufe wird auch der digitale Austausch von Informationen der Versicherten mit ihren Ärzten und ihren Versicherungsunternehmen möglich sein." Die App soll den PKV-Unternehmen Ende 2018 zur Verfügung stehen, eine Reihe von ihnen ist aber schon mit eigenen Angeboten auf dem Markt.
Versicherte wandern ab
Im Kerngeschäftsfeld Vollversicherung musste die PKV-Branche im vergangenen Jahr erneut einen Rückgang hinnehmen: Ende 2017 hatten die 41 Versicherer gut 8,7 Millionen Kunden mit einer Vollversicherung im Bestand. Das waren 19.300 oder 0,2 Prozent weniger als 2016.
Bei den Vollversicherten halten sich Beamte und ihre Familienangehörigen auf der einen sowie Selbstständige und Angestellte auf der anderen Seite nahezu die Waage: 4,356 Millionen Vollversicherte waren beihilfeberechtigt, 4,397 Millionen waren es nicht. 133.800 Personen sind 2017 von der PKV in die GKV gewechselt. "Die Rückkehr in die GKV ist für einen Privatversicherten nur möglich, wenn er versicherungspflichtig wird (zum Beispiel weil sein Einkommen sinkt) oder wenn er als beitragsfreies Familienmitglied gesetzlich versichert sein kann", so der Rechenschaftsbericht.
Den umgekehrten Weg von der GKV in die PKV nahmen 129.300 Personen. Damit ist das Wechselsaldo mit -4500 erneut negativ für die Privaten ausgefallen und zwar deutlich stärker als im Vorjahr mit -1500.
Kostenbremse wirkt
Der Rechenschaftsbericht gibt auch Aufschluss über die Entwicklung in den PKV-Sozialtarifen. Die Zahl der Versicherten im Standardtarif legte im vergangenen Jahr um 6,1 Prozent auf 50.200 zu. Der Bestand im Basistarif erhöhte sich um 3,6 Prozent auf 31.400 Personen. Der Notlagentarif für Nichtzahler zählte 106.200 Versicherte, 2,9 Prozent mehr als 2016.
Die Vollversicherung brachte der PKV-Branche 2017 Prämieneinnahmen von 27,1 Milliarden Euro (+3,7 Prozent). Das entspricht einem Anteil am Gesamtumsatz von 69,4 Prozent. Die Zusatzversicherung legte um 4,5 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro zu, die Pflegeversicherung um 20,1 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro.
2017 wuchsen die Prämieneinnahmen mit 4,7 Prozent auf 39,0 Milliarden Euro stärker als die Leistungsausgaben, die nur um 2,2 Prozent auf 27,2 Milliarden Euro stiegen. Bereinigt um die Bestandsveränderung fiel der Anstieg noch geringer aus. Die Kosten je Versichertem nahmen um 1,8 Prozent zu. 2016 hatte die Branche noch ein Kosten-Plus von 3,1 Prozent zu verzeichnen.
Bei den ambulanten Leistungen gab es ein Plus von 1,9 Prozent, die Arztbehandlung blieb mit 1,5 Prozent leicht unter Schnitt. Arzneien und Verbandmittel legten mit 3,3 Prozent im ambulanten Bereich am stärksten zu. Die Ausgaben für stationäre Leistungen nahmen um 2,3 Prozent zu, bei den Zahnleistungen waren es 0,7 Prozent mehr.
Die Abschlusskosten der PKV sanken 2017 um 0,4 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro, die Verwaltungskosten legten dagegen um 4,0 Prozent auf 905 Millionen Euro zu.