Aufklärung
Richter nehmen Ärzte in die Pflicht
Wenn Ärzte vor Eingriffen die Aufklärung ihrer Patienten versäumen, kann das für sie teuer werden. Aber wie weit muss die Aufklärung überhaupt reichen? Sehr weit, haben Richter jetzt entschieden.
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Mund auf - und die Aufklärung nicht vergessen.
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KOBLENZ (mwo). Ärzte und Zahnärzte müssen auch über sehr seltene Behandlungsrisiken aufklären, wenn die Folgen besonders schwerwiegend sind.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in zwei am Freitag, 21. September 2012, bekanntgegebenen Beschlüssen zu Zahnimplantaten entschieden.
Der beklagte Zahnarzt hatte der Klägerin 2008 zwei Implantate eingesetzt. Als Folge leidet die Patientin unter einer dauerhaften Nervschädigung mit täglichen Schmerzen, insbesondere beim Kauen.
Mit ihrer Klage machte die Patientin geltend, sie sei über die Risiken der Behandlung und mögliche Alternativen nicht hinreichend aufgeklärt worden. Das Landgericht Trier hatte der Frau ein Schmerzensgeld von 7000 Euro zugesprochen.
Das OLG Koblenz wies nun die Berufung des Zahnarztes ab und bestätigte so das Urteil der Trierer Richter. Er habe "nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, die Klägerin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben".
Die Ärztin, die das Aufklärungsgespräch mit der Patientin geführt hatte, habe sich an den konkreten Inhalt dieses Gesprächs nicht mehr erinnern können.
Auch das schriftliche Aufklärungsblatt sei nicht ausreichend gewesen. Es enthalte zwar einen Verweis auf das Risiko der "Nervschädigung". Daraus könnten Patienten aber nicht entnehmen, dass es zu einer dauerhaften Sensibilitätsschädigung mit dauerhaften Schmerzen kommen könne.
Auch wenn dies ein selten eintretendes Risiko sei, müsse der Arzt "umfassend über die Folgen aufklären". Denn diese Folgen könnten das weitere Leben der Patienten besonders tiefgreifend und nachhaltig beeinträchtigen.
Az.: 5 U 496/12