Urteil
Scheidungskosten zählen bei der Steuer mit
MÜNSTER.Wer sich scheiden lässt, kann die zugehörigen Gerichts- und Anwaltskosten bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Das hat das Finanzgericht Münster in einem nun veröffentlichten Urteil klargestellt.
Prozesskosten sind seit einer Neuregelung des Paragrafen 33 Absatz 2 Satz 4 Einkommensteuergesetz im Jahr 2013 zwar eigentlich nicht absetzbar.
Es gibt allerdings in eben jenen Paragrafen eine Ausnahmeregelung. Würde ein Kläger ohne Prozess seine Existenzgrundlage verlieren, muss der Fiskus die Kosten anerkennen.
Und eben dieser Begriff der Existenzgrundlage sei nicht nur materiell zu verstehen, sondern beinhalte auch die Möglichkeit, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können, so das Gericht(Az.: 4 K 1829/14 E).
Im verhandelten Fall ließen sich die Klägerin und ihr Ehemann im Jahr 2013 scheiden.
Bereits im Vorfeld hatten die Eheleute eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen, mit der die Klägerin den hälftigen Miteigentumsanteil am gemeinsamen Grundstück erwarb und sich zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages an ihren Ehemann zur Abgeltung aller Ansprüche verpflichtete.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machte sie die Kosten des Scheidungsprozesses und der Scheidungsfolgenvereinbarung sowie die Ausgleichszahlung an ihren Ehemann als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt versagte ihr aber den Abzug.
Vor dem Finanzgericht bekam sie nun aber doch Recht. Denn ohne den Scheidungsprozess und die dadurch entstandenen Prozesskosten liefe die Klägerin Gefahr, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, so die Richter.
Dabei sein der Begriff der Existenzgrundlage nicht nur rein materiell zu verstehen, sondern umfasse auch den Bereich des bürgerlichen Lebens und der gesellschaftlichen Stellung.
Dies erfordert laut der Richter die Möglichkeit, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können.Allerdings seien die Kosten für die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht abzugsfähig, da diese Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden und auch nach der früheren Rechtsprechung nicht abzugsfähig gewesen seien. (reh)
Az.: 4 K 1829/14 E