Strittige Werbung

Schlappe für Arztbewertungsportal

Ein Gericht verpflichtet ein Online-Arztbewertungsportal, entgeltlich erworbene Platzierungen oberhalb des Rankings eindeutig als Anzeige zu kennzeichnen.

Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Reicht die Kennzeichnung "Premium Partner" auf einem Arztbewertungsportal aus, um kenntlich zu machen, dass der dort angezeigte Mediziner zwar an oberster Stelle der individualisierten Suchergebnisse steht, für diese Positionierung aber bezahlt hat und dies nicht auf das Votum der Portalnutzer zurückzuführen ist?

Mit dieser Frage beschäftigte sich das Landgericht (LG) München I, vor dem die Wettbewerbszentrale gegen die nach eigenen Angaben größte Arztempfehlung Deutschlands auf Unterlassung eben dieser Werbeoption geklagt hatte.

Sie forderte die Abstellung dieser Praxis und die Kennzeichnung dieser bezahlten Positionierung als Anzeige.

Die Münchener Richter folgten der Argumentation der Wettbewerbszentrale und gab der Unterlassungsklage statt.

Beschwerden von Ärzten und Verbrauchern

Wie Rechtsanwältin Christiane Köber, die bei der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg für den Bereich Gesundheit zuständig ist, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" erläuterte, gab es im Vorfeld der Klage über die Praxis des Arztbewertungsportals zunehmend Beschwerden vonseiten verschiedener Ärztekammern, Arztpraxen, aber auch Verbrauchern.

Die Wettbewerbszentrale stellte darauf ab, dass es sich bei dem beklagten Portal um ein über ein reines Suchportal, welches sich durch bewertungsneutrale Auflistungen auszeichne, nicht vergleichbar sei.

Einem Bewertungs- und Empfehlungsportal immanent sei, dass es sich bei dem an erster Stelle des jeweiligen Rankings platzierten Arztes um denjenigen handele, welcher das beste Ergebnis erzielt habe.

Wie die LG-Richter in ihrer Urteilsbegründung hervorheben, sei bei der Frage, wie die Kennzeichnung "Premium Partner" bei Portalbesuchern wahrgenommen werde - als Anzeige oder Votum -, "konkret auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen bringt", abzustellen.

Zu berücksichtigen sei, so die Richter weiter, "dass die Nutzer einer bestimmten, gesuchten Fachrichtung und an den Ergebnislisten zur Bewertung der einzelnen Ärzte interessiert sind."

Nutzer werden getäuscht

Beim Betrachten der jeweiligen Ergebnisliste werde bei den angesprochenen Nutzern die Vorstellung geweckt, dass der jeweils an oberster Stelle der Liste aufgeführte Arzt auch das beste Patientenvotum habe.

"Der Verbraucher hat nicht das Verständnis, dass der an oberster Stelle des jeweiligen Rankings geführte Arzt vielmehr derjenige ist, welcher die Zusatzoption ‚Top-Platzierung Fachgebiete‘ entgeltlich erworben hat", konkretisieren die Richter.

Sie folgen dabei nicht der Auffassung des Portalbetreibers, dass die Buchung der kostenpflichtigen Zusatzoption "Top-Platzierung Fachgebiete" keinen Einfluss auf die Reihenfolge der Ergebnisse habe, da die Einblendung des die Zusatzoption buchenden Arztes rein räumlich über der votumbasierten Ärzteliste stehe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (maw)

Az.: 37 O 19570/14

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