Geteilte Meinungen

Sind MVZ die bessere Kooperationsform?

Mit Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes sind MVZ für niedergelassene Ärzte als Kooperationsform wieder in den Blick gerückt. Doch sollten Ärzte jetzt aus Gemeinschaftspraxen MVZ machen? Die Meinungen sind geteilt.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Viele Ärzte unter einem Dach: Das ist die Idee von MVZ – aber auch in einer BAG ist das möglich.

Viele Ärzte unter einem Dach: Das ist die Idee von MVZ – aber auch in einer BAG ist das möglich.

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NEU-ISENBURG. In mehreren Schritten hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren die Flexibilität für ärztliche Kooperationsformen immer weiter gestärkt. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz wurde das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) als Kooperationsform eingeführt, zunächst vor allem den früheren Polikliniken in den neuen Bundesländern nachempfunden.

Nachdem zunächst auch viele Vertragsärzte MVZ gegründet hatten, entwickelte sich diese Versorgungsform tendenziell zu einer Domäne der Krankenhäuser.

Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) ergaben sich umfassende Erweiterungen für Vertragsärzte, miteinander zu kooperieren, unter anderem in überörtlichen Gemeinschaftspraxen. Das Berufsrecht wurde dementsprechend angepasst.

Weitere Flexibilisierungen wurden mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz 2012 eingeführt. Im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (VSG), das im Januar in Kraft getreten ist, hat sich der Gesetzgeber nochmals die MVZ als Versorgungsform vorgenommen.

Um fachgleiche MVZ einzuführen, wurde in Paragraf 95 Absatz 1 Satz 2 SGB V kurzerhand das Wort "fachübergreifend" gestrichen. MVZ sind nun nach der gesetzlichen Definition ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.

Seit Januar kann also ein Vertragsarzt zum Beispiel eine GmbH gründen und die Zulassung dieser GmbH als MVZ beantragen, wenn er über eine entsprechende Arztstelle verfügt. In nicht gesperrten Planungsbereichen genügt hierfür der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen einem Arzt der "freien" Disziplin und dem MVZ. Vor allem können nun auch Ärzte, die sich in einer fachgleichen Kooperation niederlassen wollen, dies in einem MVZ tun.

Die neuen Möglichkeiten rufen auch neue Anbieter auf den Plan. So will jetzt der Deutsche Hausärzteverband in Zukunft Hausärztliche Versorgungszentren (HVZ) als alternative Niederlassungsform für junge Allgemeinärzte etablieren und ist gerade mit einem Pilotprojekt in Gummersbach gestartet. Auch andere Verbände wollen vertragsärztlich geführte Versorgungszentren als zusätzliche Möglichkeit zur Niederlassung fördern.

Doch sind Medizinische Versorgungszentren für niederlassungswillige Ärzte jetzt als Kooperationsform besser geeignet als die etablierte Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), die frühere Gemeinschaftspraxis? Sollten Ärzte vielleicht sogar darüber nachdenken, aus einer BAG ein MVZ zu machen? Worin liegen die Vorteile eines MVZ für Ärzte, wo hat die BAG die Nase vorn?

In unserem "Pro & Contra" können Ärzte nachlesen, welche Versorgungsform die besseren Argumente für sich hat:

Pro: Schwarz-Weiß-Denken hilft auf keinen Fall weiter

Von Volker Kielstein

Wer heute im Gesundheitswesen größere Strukturen aufbauen will, muss nicht unbedingt ein MVZ gründen. Einzelkämpfer können bis zu drei Ärzte plus Weiterbildungsassistenten anstellen. In einer Dreier-BAG können mit angestellten Ärzten bis zu zwölf Ärzte unter einem Dach arbeiten, auch Filialen sind möglich.

Ich habe auch nicht in einem MVZ angefangen, sondern in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit meiner Mutter. Wir waren zum Schluss zusammen mit den Angestellten sieben Fachärzte, dazu noch Weiterbildungsassistenten.

Als sich meine Mutter dann zurückziehen wollte, war das MVZ eigentlich die einzig sinnvolle Kooperationsform, die möglich war, um die gegebene Struktur zu erhalten. Denn von außen einen neuen Partner mit betriebswirtschaftlichem Geschick in so eine Struktur hineinzuholen, das ist nicht einfach – da muss man abgeben können, das gibt Konflikte.

Und das ist auch schon das erste Argument für ein MVZ: Unternehmerisch bin ich in meinem MVZ mein eigener Herr und muss mich nicht mit Partnern abstimmen.

Aus meinem von Anfang an überörtlich organisierten MVZ ist dann über die Jahre ein echter MVZ-Tiger geworden: Wir haben heute zwölf Standorte in Thüringen, mehr als 50 Ärzte und 170 Mitarbeiter insgesamt, die im Quartal eine mehrfach fünfstellige Zahl von Patienten behandeln.

Eine solche Form ist sicherlich auch nicht überall optimal, aber sie kann notwendig sein, um entstehende Versorgungslücken zu füllen, so wie das in Thüringen der Fall ist.

Im MVZ biete ich vielen Ärzten ein gutes Berufsleben, in dem sie sich entfalten können, auch in Teilzeit, ohne dass sie sich mit Bürokratie viel herumschlagen müssen. Gleichzeitig sichern wir die Grundversorgung der Patienten in weiten Gebieten, etwa mit Öffnungszeiten an allen Werktagen, mit Hausbesuchsfahrdiensten, Akutsprechstunden – die Arbeitsteilung macht organisatorisch vieles möglich.

Ob steuerrechtlich jetzt ein MVZ oder eine BAG die bessere Form ist, hängt vom Einzelfall ab. Es gibt aber doch auch noch einen juristischen Vorteil des MVZ: Da eine GmbH immer eine eigene juristische Person ist, bringt eine Übergabe an einen Nachfolger weniger Probleme mit sich als in einer BAG, soweit vertragsarztrechtlich alles geklärt ist.

Am Ende wechselt nur der Geschäftsführer, die GmbH besteht weiter. Das ist in einer Partnerschaftsgesellschaft eine ganz andere Nummer.

Letztlich gibt es keinen Druck, eine gewachsene Kooperation umzustellen, nur weil das jetzt mit den fachgleichen Versorgungszentren möglich ist. Aber wo es passt, da sollte auch niemand davor zurückschrecken.

Contra: Eine Entscheidung des Bauchgefühls

Von Jessica Hanneken

Natürlich würde ich als Bankangestellte auch einem Medizinischen Versorgungszentrum Kredit geben, wenn die Inhaber mit einem gut durchgerechneten Projekt zur Finanzierung zu mir kommen.

Aber als Ärztin würde ich eher die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Kooperationsform wählen, nicht das MVZ. Schon gar nicht würde ich eine Gemeinschaftspraxis jetzt nur wegen der Gesetzesänderung in ein MVZ umwandeln.

Das hat natürlich damit zu tun, dass mit einer Umwandlung in ein MVZ in der Regel die Rechtsform in eine GmbH übergeht. Damit verbunden ist auch eine Bilanzierungspflicht, wo bisher die Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) ausreichte. Das kann sich zunächst negativ auf die Liquidität auswirken.

Außerdem ist eine Bilanzierung von den Anforderungen her, zum Beispiel an die Dokumentation, etwas ganz Anderes als die EÜR. Einen kaufmännischen Leiter aber kann sich nicht jedes MVZ leisten.

Gerade bei Kooperationen ist es doch oft so: Am Anfang, bei Neugründung, haben die Ärzte das Geld für einen Praxismanager nicht, und nachher wollen sie es gar nicht mehr ausgeben, weil es auch ohne gut läuft.

Die Antwort auf die Frage MVZ oder BAG ist aber auch eine Frage des Typs: Der "Unternehmertyp" geht vielleicht eher ins MVZ, vielleicht sogar als Alleininhaber. Aber in der Handhabung hat die GbR doch viele Vorteile: Denn juristisch ist in der GmbH alles viel komplizierter, in der GbR habe ich kein Notarerfordernis.

Außerdem brauche ich in der Partnerschaft nicht für jede Entscheidung, die vermögensrelevant ist, einen Gesellschafterbeschluss. Nicht zuletzt zahle ich in der GbR in den meisten Fällen auch keine Gewerbesteuer.

Größere Einheiten kann ich aber auch in einer BAG bilden, mit Angestellten und Filialen an mehreren Standorten. Ich habe den Eindruck, dass für viele Ärzte genau diese Argumente ziehen, zumal sie auf juristische Feinheiten keine große Lust haben.

Nicht zuletzt ist es auch eine Entscheidung des Bauchgefühls. In einer GbR steht doch jeder Arzt mit seinem Namen höchstpersönlich ein für die Qualität der ärztlichen Leistungen. Finanziell ist das zwar in einer GmbH auch nicht anders, auch hier wird oft nach zusätzlichen Bürgschaften der Gesellschafter gefragt. Aber eine "XYZ-GmbH"? Für mich fühlt sich das viel zu distanziert an, dafür, dass ein Arzt doch ein sehr persönliches Verhältnis zu seinen Patienten hat.

Am Ende muss jeder selber sehen: "Wer bin ich?" Und ich glaube, dass viele, die jetzt dem Trend folgen und in eine Kooperation gehen, doch zuerst Arzt sind und dann Unternehmer. Und dazu passt die BAG einfach besser.

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